Manchmal steigen Gedanken auf: Fotografie

Genau die passende Musik für das Seil über dem Abgrund zwischen alt und modern: Arvo Pärt – Fratres…
Ein Bekannter legt mir eine von der BBC 1983 ausgestrahlte sechsteilige Serie auf den Tisch: Master Photographers. Jede Folge war einem Fotografen gewidmet: Alfred Eisenstaedt, Bill Brandt, Jean-Henri Lartigue, Andreas Feininger, André Kertesz und Ansel Adams. Jede Folge der Serie dauert ungefähr 30 Minuten. Jeweils fünfzehn davon sind Offenbarungen. Jeder dieser klassischen Fotografen gilt als einer der grössten Meister seines speziellen Fachs im 20. Jahrhundert. Die Preise für Abzüge ihrer Fotos sprechen eine klare Sprache. Alle sind seit etlichen Jahren tot.
Ich frage mich, was aus den Stars meiner jungen Jahre geworden ist. Sam Haskins mit seinen kühnen Montagen und gewagten Models. David Hamiltons nebulös weichgezeichnete Jungfern. Klar werden deren Fotos heute auch entsprechend hoch gehandelt – wer aber spricht noch von ihnen? Die Klassiker hingegen haben den Nimbus der Unsterblichkeit bereits erreicht.
Andreas Feininger gab wohl die meisten Lehrbücher für Fotografie heraus. Eines davon zählte auch an dem Institut zur Pflichtlektüre, in dem ich die Tiefen der Fotografie auszuloten lernte. Interessant, dass er, der den unglaublich rasanten Aufstieg der digitalen Fotografie nicht mehr erlebte, Sätze sprach, die gerade für Fotografen im digitalen Zeitalter noch immer Gültigkeit haben.
Wenn ich mir die sechs Folgen noch einige Male ansehe, schlittere ich wohl vollends auf glattem Eis: digital oder doch wieder (bzw. noch einmal) analog.
Reizen würde mich das natürlich. Allein der Moment, in dem auf dem Fotopapier in der Entwicklerschale das Bild langsam erscheint ist erhebend. Eine analoge Ausrüstung ist noch vorhanden.
Anderseits sind die alten – ´tschuldigung: klassischen Fotos häufig grottenschlecht verglichen mit dem, was die heutige Technik ermöglicht. Komposition und Bildaussage jedoch können durch eine noch so ausgefeilte Technik niemals ersetzt werden. Davon kann man sich in unzähligen Fotoblogs mit ihrer beliebigen und meist nichtssagenden Massenware jederzeit überzeugen. 
Schwarz-Weiss könnte allerdings wieder zu einer Herausforderung werden. Farbige Aufnahmen beeindrucken häufig allein schon durch die Farben. Manche Klassiker sprechen auch davon, dass Farben von der eigentlichen Bildaussage ablenken würden. Darüber kann man sicher diskutieren. Fest steht allerdings, dass man schon vor der Aufnahme genau hinschauen muss, wenn dass Foto hinterher in Graustufen präsentiert werden soll. Und auf Papier gedruckt. Jim Rakete sagte anlässlich der Insolvenz von Kodak „…die Bilder kleben in keinem Familienalbum mehr, sie schmücken keine Wände. Einmal auf den Bildschirm gerufen, versinken sie auf Festplatten, werden zu Nebenprodukten der digitalen Geschwätzigkeit, zum Ausdruck von Bequemlichkeit.“ (Süddeutsche Zeitung, 25.1.2012).
Was in früheren Zeiten teure Versuche mit Papieren und Chemikalien voraussetzte, kostet heute ein professionelles Bildentwicklungsprogramm und etwas Zeit und Geduld. Tönungen werden umweltschonend erreicht. Bildschirm und Drucker in der Dunkelkammer sind bereits kalibriert. Und Fotos werden wieder gedruckt und an Wänden aufgehängt werden.
    (Zum Glück funktioniert die guurgel- Galerie wieder – Klick aufs Foto und gross gugge)

8 Gedanken zu „Manchmal steigen Gedanken auf: Fotografie

  1. Hamilton ist noch nicht tot, also nicht abschreiben den Mann, bei Künstlern gilt doch immer, je toter desto teurer. Van Gogh und Rembrandt hätten sonst nie finanzielle Probleme gehabt. Ich mochte Hamiltons Weichzeichnerpornos nie, furchtbares Zeugs, da ist mir sogar Helmut Newton lieber *fg*.

    In eine Ausstellung würde ich 4 und 6 hängen. Bei der 6 steigt gleich der schnelle Raumkreuzer Orion aus den Fluten und entschwindet gen Weltall *g*

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  2. Hamilton lebt noch, abgeschrieben ist er für mich dennoch. Mein Favs sind 3+4, da werde ich demnächst mit den Drucken beginnen. Mit der Ausstellung wirds leider noch ein Weilchen dauern….

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  3. Ich hätt dann gerne die 4 & 5 an die Wand. 😉
    Aber der Rest ist auch fein. Wir sollten tatsächlich mal -wie von Dir vorgeschlagen- über einen gemeinsamen s/w Blog nachdenken.

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