Wegweiser durchs Paradies der Sprache

Gänsehaut ganz sanft in Samt gehüllt. Die Stimme  mit der urtümlich energischen Kraft eines Grizzlys in den weiten Wäldern: Buffy Sainte-Marie – Coincidence and likely Stories (1992)…
 
Nachschlagewerke aus der vormaligen DDR hatten, soweit ich mich erinnere keinen guten Ruf. Der gefährliche Dreieinigkeitshandschlag aus Ignoranz, Unwissen und Vorurteil schlug auch auf diesem Gebiet zu. So entgingen uns wahre Schätze. Wer jedoch sich schlau machte, prüfte und überdies Glück hatte, der konnte sich glücklich schätzen mit hervorragenden Editionen. Eine davon ist die „Kleine Enzyklopädie. Die deutsche Sprache“ in zwei Bänden, herausgegeben von Erhard Agricola, Wolfgang Fleischer und Helmut Protze unter Mitwirkung von Wolfgang Ebert. Erschienen im VEB  Bibliographisches Institut, Leipzig 1969. Warum die beiden Bände in der Dunkelkammer mehr auf dem Tisch liegen als im Regal zu stehen und wer solche Bücher heute noch braucht?
Das Werk gibt Auskunft über alle Belange der deutschen Sprache. Das beginnt mit dem Weg zur Nationalsprache hin zur Bildung der Mundarten und endlich der Untersuchung und Darstellung des Wortschatzes. Sonderwortschatz, Wortverbindungen (mit schönem Gruss an Frau Knobloch!), Redewendungen, Sprichwörter und Redensarten werden ebenso dargestellt wie Wörterbücher. Einen breiten Raum nimmt die Bildung von Namen ein: Ruf-, Familien-, Orts-, Flur-, Gewässer-, Tier- und Pflanzennamen. Damit nicht genug: es folgt eine Phonologie nebst Phonemtheorie sowie die (imho sehr detaillierten) Grundzüge der Grammatik. Abschliessend wird ausführlich die Stilistik, also Satzbau, Rhetorik, Stilfiguren und sprachliche Bilder behandelt. Die annähernd 1200 Seiten voller Wissen und Erkenntnisfreude sind für Silbenweber, Sprachartisten und Wortmetze unverzichtbar. Dass es ein solches Werk im „imperialistisch-kapitalistischen“ Westdeutschland nicht gab versteht sich. Wird auch seit dem Aufkauf und der Verschrottung der DDR durch den westlichen Nachbarn nicht mehr aufgelegt, wieso auch, es gibt doch RTL2, Kabel1 und Pro7 als Dummbabbelunterricht.
Mit etwas Glück findet man die zweibändige Enzyklopädie gut erhalten für schlappe 15 Eurotaler. Worauf also noch warten – los gehts auf die Suche. Viel Glück beim Finden. 
 
 
 
 

20 Gedanken zu „Wegweiser durchs Paradies der Sprache

  1. Und zack, schon wieder wird man bei Ihnen schatztriggerigfündig, Herr Ärmel. Unfassbar. So begebe ich mich denn auf Spurensuche. Allerdings nicht ohne daß Ihnen meine innere Silbendirne einen Handkuss für das bezaubernde Wörtchen „Wortmetze“ zuwirft.

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  2. Das ist was für Knoblochsche Silbenwortsatzdrechseleien – Hätte ich Sie sonst im Text gegrüsst 😉
    Schauen Sie bei booklooker oder in der Bucht, wobei ich booklooker bevorzuge.
    Schöne Grüsse von der Autobahn Richtung Südwesten

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  3. Hurra! Sie sehen mich entzückt. Dank der Ärmelschen Empfehlungen harre ich nächsttägig diverser Freudenpaketchen. Feuerwasserscheiben und Gutbuchlesestoff. Hach…
    Gute Fahrt wünschend grüßt dankbarneugierigvergnügtgespannt Käthe.

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  4. Autobahn Richtung Südwestfalen ? Vernehme ich da gerade richtig, daß sich der werte Herr Ärmel sehnsuchtsgeplagt auf den Weg zu seinen wirren Freunden im Regenwald rückbegibt ? Welch eine Freude ! Welcome back !
    Übrigens verköstige ich justament das erste Mäulchen Strohl's Äppler des Jahres 2014. Rockt und rollt wieder mal ganz vorzüglich die frühstücksleidgeplagte Kehle hinab !

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  5. Südwesten leiber xs gibts nicht nur gen Regenwald sondern auch generell :-p
    Und jetzt, am Abend wieder zurück im Bembelland, stosse ich natürlich virteull mit dir an: abindeHals!

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  6. Freut mich, verehrte Käthe, wenn dir meine handreichende Hinweishandreichung hinreichend neugierspannungsglück verabreicht.
    Immerhin, ich bin auch wieder wohlbehalten neben dem Gerippten zurückangekommen.
    Schönabendliche Grüsse aus dem Bembelland

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  7. Das merk` ich mir, bevor eine gewisse Komplettverschrullung einsetzt bei mir tarngrauem Ding, die ihre (oder das seine) Schreibergüsse oft nicht so unter Kontrolle hat…

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  8. Mein lieber Herr Ärmel,
    die Enzyklopädien der DDR fanden in der BRD durchaus ihre Verleger – meine wunderbare Enzyklopädie der Mathematik zeugt davon!
    Leider, leider ist es nicht die Ignoranz der westdeutschen Verleger sondern Wikipedia und Co. die den Enzyklopädien den Todesstoß versetzt haben. Selbst die ehrwürdige Encyclopaedia Britannica ist in amerikanischen Händen und erscheint seit 2012 nurmehr digital! Und auch der gute alte Brockhaus windet sich in Todeskrämpfen.
    Mit vielen Grüßen aus der Alten Straße 133 bin ich Ihre Frau Mahlzahn

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  9. Frau Mahlzahn – mir feuchten die Augen. Sie hier, welche Freude!
    Natürlich haben Sie Recht mit der Einschränkung, dass manches auch hier im Westen verlegt worden ist. Das liest sich in meinem Beitrag etwas zu pauschal. Allerdings wissen Sie nurzu gut, dass ein mathematisches Kompendium hier in der Dunkelkammer, ach nein~~~
    Zur Wikipedia und dergleichen nenne ich noch immer die höhere Mobilität und kleinere Wohnungen. Auch Stereoanlagen sind mittlerweile auf Sixpackgrösse geschrumpft. Wo immer ich bei Umzügen dabei gewesen bin in den letzten Jahrzehnten, war bis auf ein, zwei Ausnahmen jedesmal der gleiche Stöhnsatz zu hören: Wann hört das endlich auf mit den Bücherkisten…
    In immerwährender Hochachtung grüsst Sie, Ihr Herr Ärmel

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  10. Nachsatz: Dass Sie, verehrte Frau Mahlzahn in Ihrem geschätzten Kommentar allerdings den Brockhaus zugunsten des von mir seit Jugendjahren bevorzugten Meyers erwähnten, wird einen Schatten über diesen Tag legen (hoffentlich nicht länger….)

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  11. Frau Mahlzahn meint:
    Vergessen wir bei der Freude über das kleine Volumen des Wissens nicht, dass wir einen sehr hohen Preis dafür zahlen, nämlich das Verschwinden der (wissenschaftlichen) Bücher. Wir opfern das gut recherchierte fundierte Wissen auf dem Altar des schnell verfügbaren Wikipedias der „crowd“ aus der von Euch so trefflich verdammten elektronischen Fußfessel!
    Man hört, es lässt sich heute sogar ein Studium ohne Literaturstudium absolvieren – und das liegt bestimmt nicht an RTL, Pro7 und wie dergleichen gar heißen!
    Im Übrigen habe ich keine Ahnung, was dort gebabbelt wird. Die Antennen in der Alten Straße 133 zeigen nur auf Phoenix, 3sat, Arte, einsplus, einsfestival, zdfdoku ……

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  12. Und damit wir von den Dummbabblern nicht mehr behelligt werden beim Hüpfen über die Kanäle des TV schlage ich vor, dass wir in der Zwischenzeit an „Jagodas Idee“ arbeiten. (Von Volker Pispers in der Version von 2004 trefflich bei „Du-tube“ anzuschauen)
    meint Frau Mahlzahn

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  13. Vergeben Sie mir Frau Mahlzahn, dass ich erst jetzt auf Ihre beiden geschätzten Kommentare reagiere. Allein der Hinweis auf die Rede des Herrn Pispers ist Schuld daran, sintemalen ich erst wieder vom Boden hochkomme nach dem Schlapplachen. Knapp neun Jahre ist das Programm alt und dennoch aktuell.
    Hier für das interessierte Publikum der Link zum Lachen: http://www.youtube.com/watch?v=m2oW4Y3QBnQ
    btw: was die sehbaren Sendeanstalten betrifft, sind wir uns – wie so oft – einig!

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  14. Nur eine kleine Anmerkung, mein lieber Herr Ärmel. Herr Pispers spielt sein Programm „Bis neulich“ seit 20 Jahren und zeigt, wie aktuell und zeitlos sein Finger in so vielen Wunden ist.
    Persönlich freue ich mich darauf, ihn auch in diesem Jahr am 8. Februar leibhaftig im Lummerländer Rosengarten zu erleben.

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  15. Ach Frau Mahlzahn, der Rosengarten… Da fällt mir der Zuschauerhörer ein, der pfiff. Sie erinnern sich, das wurde nachher auf schwarzem Vinyl (33cm Ø) gepresst. Gerade vorhin dachte ich an Sie und an einen gemeinsamen Rockpalast~~~~
    btw: Viel Freude schon jetzt und von hier aus für Ihren Besuch bei Herrn Pispers

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  16. Es scheint so, als müsste ich mich da mal dringend auf Schatzsuche begeben, fühle ich mich doch ohne weiteres der Zunft der Silbenweberinnen zugehörig. Herzlichen Dank für die Empfehlung und dir ein glückliches neues Jahr, lieber Herr Ärmel!

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  17. Auch dir, liebe Schattentänzerin wünsche ich ein erlebnis- und erkenntnisreiches 2014er Jahr.
    Viel Glück wünsche ich dir natürlich auch bei der anstehenden Schatzsuche.
    Schöne Grüsse aus dem nebelgrauen Bembelland

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  18. Oh Oh, die Enzyklopädie der Mathematik!!! Meine Lebensretterin! Ehrlich. Leider konnte mir mein Mathematikervater das ungeliebte Fach nie nahe bringen. Er verzweifelte. Ich verzweifelte. Dann drückte er mir jenes wunderbare Buch in die Hand. Und ich verstand!!! Ich verstand! Zwar bin ich kein Mathematiker geworden, aber für s Diplom des Bauern hat es gereicht. Und all diese Dinge stehen noch in meinem Bücherregal, neben denen der Biologie zB und natürlich mehreren östlichen Sprachschätzen

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