Steinige Exerzitien : eher holprig als rollend

Aus gegebenem Anlass – die Playlist des Konzerts auf der Berliner Waldbühne vorgestern: Start me up, You got me rocking,
It´s only Rock´n´Roll (but I like it),
Tumbling Dice, Waiting on a Friend, Doom and Gloom, Get off of my Cloud, Out of Control,
Honky Tonk Women, You got the
Silver, Can´t be seen, Midnight Rambler, Miss you, Gimme Shelter, Jumpin´ Jack Flash,
Sympathy for the Devil, Brown Sugar,
You can´t always get what you want, (I can´t get no) Satisfaction….

Die 22000 Karten für das Berliner Konzert waren angeblich innerhalb weniger Minuten verkauft. Kein Wunder,
beim Alter des Urgesteins – zusammen 281 Jahre alt – kann man nie wissen, wer beim nächsten Mal neben Keith
Richards noch mit auf der
Bühne stehen wird.
Während in der Dunkelkammer das Konzert donnerockt, blättere ich mich dabei durch die virtuelle Klatschpresse.
Fast unglaublich, was da alles im
Tageslicht berichtenswert erscheint. Vornweg natürlich der Selbstmord von Jaggers
Freundin neulich. Und natürlich seine Familienverhältnisse wie gehabt. Seine 42-jährige Tochter wird im Moment
gleichzeitig Mutter und Grossmutter.
Somit wird Mick Jagger Rockuropa. Seine Sprecherin schweigt dazu.
In einem anderen Artikel wird verraten, dass Keith Richards seinen Ferrari 246GT versteigert , den er anfangs der
1970er Jahre gekauft aber aufgrund anderer Vorlieben kaum bewegt hat. Er wird natürlich nicht von Richards sondern
von einem Auktionshaus
versteigert. Und Besitzer ist seit 1986 ein japanischer Investor, der sich eine Viertelmio durch
den Verkauf verspricht. Das erfährt
allerdings nur, wer den Artikel bis zum Ende liest. Geschwätzige Plattitüden wie wir
sie gewohnt sind. Von weiteren Plattheiten verschone ich die Besucher, Leser und Gugger.

Dass der Schwerpunkt der Setlist auf Stücken der kreativsten Zeit der Stones liegt, wen interessierts. So wird man
sich in den Redaktionsstuben gedacht haben und verzichtete demzufolge auf die Erwähnung des sicherlich spektulären
Gastauftrittes
des früheren und besten Stonesgitarristen Mick Taylor. Dafür lässt man uns wissen, welchen deutschen
Besondergäste
in Berlin anwesend waren. Campino von den Hosen, der kleine Klaus Meine von den Scorpions, Nena
und Thomas Gottschalk. Welches
Instrument spielt er eigentlich, oder singt er jetzt etwa auch?aufgenommen in Ljubljana, 2014

21 Gedanken zu „Steinige Exerzitien : eher holprig als rollend

  1. irre was?
    Kaum lege ich eine Platte der Stones aus den 60igern auf, schon ist Blues im Haus, freue ich mich, weil sie so beseelt waren, von der Musik.
    Sämtliche musikalische Aktivitäten der letzten 30 Jahre hingegen lassen mich vollkommen kalt.

    So gesehen hat es eine Band wie Depeche Mode tatsächlich geschafft, länger attraktive Musik zu veröffentlichen als die Stones.
    Zyniker der ich bin, bin ich froh, dass die Beatles in den früher 70igern aufgehört haben, gemeinsam Platten aufzunehmen.
    Die guten und besten waren zu dem Zeitpunkt schon alle erschienen.

    Das die Stones noch heute erfolgreich sind, hat auch nichts mit ihrer gegenwärtigen Musik zu tun.
    Es ist die kommerzielle Ausbeutung ihres Vermächtnisses, genial erkannt und verwertet.

    So lange der Fan es bezahlt, wird gespielt oder bis der erste tot von der Bühne fällt.
    Ob ihnen noch einmal ein Exile on Main Street gelingen würde, wenn sie sich wirklich bemühen würden?

    Ich hab mir letztens bei Spotify versucht, das neue Album anzuhören und gelangweilt abgeschaltet.
    Leider.

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    • Exile gelingt ihnen nicht mehr, weil es garnicht mehr nötig ist. Richards ist sich selbst genug in Südfrankreich und Jagger hat schon in den 1960er Jahren seine Schallplatten nicht verliehen und schön auf sein Geld geachtet. (Quelle: Marianne Faithfull – Eine Autobiografie. 2001 FfM).
      Er hätte in Berlin das grösste Stadion mieten können, hat aber die kleine Waldbühne genommen. Pro Karte im Schnitt um die 400 Taler mal 22000 Bezahler macht mehr als die immensen Nebenkosten eines Stadionkonzertes, das eventuell obendrein nicht ausverkauft ist und somit „Verdacht erregt“. Er ist schon pfiffig und Keith ists Recht und lässt ihn mal machen. Und Charlie Watts, für mich nebenbei bemerkt, der beste Instrumentalist der Bande lächelt wie gewohnt breit und zufrieden und denkt an sein Gestüt mit edlen Vollblutarabern. Fun and Money and Rock´n´Roll – (and they like it /// …“bis einer tot von der Bühne fällt“)… Manchmal hätte ich diese Lebenseinstellung gerne.
      Schöne Grüsse vom Schwarzen Berg

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  2. Stones? Nee,“ geh mir weg du“ wie der Restpreuße hierherum sagt. Ihre diversen Palmen- und Leiterstürze(Richards), oder Lothar-Mattäus-Ambitionen(Wood) sind allemal interessanter als ihre Konzertticketpreistreiberfestspiele oder ihre Mugge… Die Zusammenstellung der Promibesucher zwischen all den Handtaschen schwingenden ehemaligen Zahnarzt- und Anwaltsgattinnen spricht ja Bände. Obwohl: Ich vermisse seine Schmierigkeit himself – einen gewissen Kerner.

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  3. Ich hab auch davon gelesen, und auch dass sie einiges an Material gespielt haben, das bislang eher selten gespielt wird.
    Selbst hatte ich die Stones auf ihrer letzten Tour in einem großen Stadion gesehen, Karte am Abend zu einem Bruchteil des Originalpreises vor Ort gekauft. Das Publikum wirkte teilweise fast gelangweilt (relativ) das Konzert war dennoch gut. Aber es ist Routine. Danach hab ich mich wieder aud Auftritte von Bands der letzten 10-20 Jahre gefreut, die noch ein wenig an sich arbeiten und mitreissende Musik und Konzerte zum Besten geben können, auch in kleinen Hallen.

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    • Mein musikalischer Zuschauhörerweg begann in Clubs und kleineren Hallen. Die Frankfurter Festhalle war schon ein Riesending. Davon ist was geblieben. Und wenn man für die grossen Namen Tickets für 8 bis 12 Mark (DM!) bekommen hat, dann fallen auch eingedenk der Inflationsraten Preise jenseits der 50 Euronen flach…

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  4. Also jetzt mal nicht auf den Stones rumhacken, ja? Können die Herren ja nix dafür, dass sie sich nicht zerstritten und alles überlebt haben. Niemand erwartet mehr neue Alben. Nicht mal Konzerte. Für die, die trotzdem gehen wollen, weil sie evtl noch nie da waren, ist es schön, das es so Schmankelr gibt. Und denen, die noch nie da waren, ist ein Besuch sicher 400 Euronen wert. Ich zahl schon lange nicht mehr mehr als 50. Egal für wen.

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  5. Zwischen 68 und 72 hätte ich sie gerne gesehen, vier Jahre mit hervorragenden Alben von Beggars Banquet bis Exile. Musiker sollte man sehen wenn sie auf dem Zenit sind, mit viel Glück gelingt das bei dem einen oder anderen. Einige der älteren Herren gucke ich mir auch heute noch gerne an, aber Renterrocknrollzirkus zu astronomischen Preisen geht mir am Allerwertesten vorbei. Dann lieber so etwas wie den alten Grantler Van Morrison oder Little Feat, auch alt, auch hervorragende Musik, auch Legenden, aber die gibt es noch in kleineren Hallen für bezahlbares Geld.

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    • „Musiker sollte man sehen wenn sie auf dem Zenit sind…“ – mich hat gerade eine gewisse Melancholie hinsichtlich von Peter Hammill ereilt. Dein Satz triffts auf den Punkt. Und das, obwohl Hammill schon immer in kleineren Musikallokalitäten gespielt hat…

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