Weil es endlich Frühling werden soll, erklingt hier beschwingte Musik: Dexy´s Midnight Runners – Live im Rockpalast, Grugahalle Essen, 16. April, 1983…
„Wir haben Ihnen von der Reise etwas mitgebracht. Sie müssten das doch eigentlich noch kennen.“
„Stimmt, das ist Achiote“, sage ich nach einer kurzen Prüfung.
Das rötlichgelbe Pilver stammt vom einem Strauch, der in spanischsprachigen Ländern Achiote genannt wird. Auf deutsch, so belehren mich Wikidemiker, nennt man ihn auch Orleanstrauch (nach dem Entdecker Francisco de Orellana), Butterfarb oder Stephanulrich. In einigen Gegenden soll er auch Lippenstiftbaum genannt werden.
Der Anattostrauch (biol. Bixa orellana) kommt vorwiegend in Mittel- und Südamerika, aber auch in einigen Regionen Südostasiens vor. Die Samen des Strauchs werden zu Pulver zermahlen und sind vielfältig verwendbar. Aufgefallen ist mir, dass es in den verschiedenen lateinamerikanischen Ländern schwerpunktmässig ganz unterschiedlich verwendet wird.
Ich kannte aus Ecuador das Pulver bisher nur, um Reis gelb einzufärben. Der Reis erhält dadurch beim Kochen eine sattgelbe Farbe und ein kaum wahrnehmbares Aroma, das allerentferntest an Safran erinnert.
Das indigene Volk der Tsachila färbt sich damit die Haare in dem typischen Rotton. Textilien werden ohnehin seit altersher mit Achiote gefärbt. Und weil Achiote als wirkungsvoll entzündungshemmend erkannt wurde, ist es nun als Rohstoff für profitorientierte Arzneimittelindustrien westlicher Prägung interessant.
Die internationalen Pharmakonzerne haben ohnedies seit längerem schon erkannt, dass etwa 80% der ihren Labors synthetisch hergestellten Arzneimittel in ihrer natürlichen Form in den Regenwäldern Mittel- und Südamerikas vorkommen. Waren bisher die Mineros, die Edelmetall- und Edelsteinsucher, die Verwüster der Lebensräume der indigenen Bevölkerung und sind die Petroleros, die Erdölbohrer nun quasi der Turbo der Vernichtung ihrer Lebensgrundlagen, folgen nun auf leisen Sohlen die Kundschafter der Pharmakonzerne als Touristen verkleidet, um das alte Wissen der Indianer auszubeuten. Ohne deren angestammte Rechte zu achten oder dafür zu zahlen, versteht sich.
Dass sich gegen diese masslose Zerstörung, Ausbeutung und Vernichtung langsam aber sicher Widerstand regt, erfüllt mich mit Freude und Hoffnung.
Einer meiner französischen Lieblingskäse, der Mimolette, erhält seine geradezu leuchtende Farbe ebenfalls durch die Zugabe von Achiote, dies war mir bis vor wenigen Tagen noch unbekannt. Man lernt eben nie aus.
(Die Fotos sind nicht aus dem Regenwald sondern von der Sierra. Hoch oben auf etwa 4000 Metern. Anklicken färbt nicht ab)
Hochinteressanter Bekleidungsmix ….. aber die alte Frau mit Hut und ohne Schuhe ist dann nicht mehr interessant sondern erschütternd …
Ist das in Peru ?
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Diese Fotografien hatte ich eigentlich für einen anderen Beitrag im Zusammenhang mit dem Tourismus vorgesehen. In diesen für Touristen nicht zugänglichen Gegenden stellen Schuhe eine Grundform von Reichtum dar. Ohne Schuhe zu sein, bedeutet sehr arm zu sein und in vielen Fällen leider auch, dass man vom dem, was im Dorf übrig bleibt, ernährt wird…
Die Aufnahmen habe ich auf dem Paramo von Ecuador gemacht, so etwa zwischen Cotopaxi und Tungurahua.
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Schlimm, so viel wird wohl in so einem Dorf nicht übrigbleiben um die noch Ärmeren mitzufüttern … Und wenn man sich ansieht wie dick die Leute angezogen sind, ist es wohl auch nie so warm, dass Schuhe nicht vermisst werden
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Sie haben die Plastiktröge auf den Tischen gesehen. Die sind gefüllt mit den Vorräten. Es war eine ungewöhnlich reichhaltige besetzte Tafel, denn es waren Ausländer anwesend in offizieller Mission. Ich durfte mit der Kamera dabeisein und habe gesehen, wie einem barfüssigen Mann das Essen in seinen Hut gefüllt wurde. Das machte mich sehr nachdenklich…
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Mais, Mais und dann noch Mais …. Ich frage mich, wie die Nahrungszusammensetzung wohl zu Präkolonialzeiten ausgesehen hat. Gut, ein Páramo ist wahrscheinlich für Landwirtschaft denkbar ungeeignet. Trotzdem haben sich die Menschen dort angesiedelt, ich weiß nicht ob freiwillig oder nicht.
Der Anblick eines barfüßigen Manns, der aus seinem Hut ißt, kann einen ganz schön fertig machen …
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Der Mais kommt aus jenen Gegenden. Als Luxus gelten cujes (sind. cuj), das sind Meerschweinchen…
Auf jenen Höhen lebten offensichtlich schon immer Menschen. Eine Durchmischung gab es während der Expansion des Volkes des Inka. (nebenbei bemerkt gibt es „die Inkas“ als Volk nicht. Es war immer das Volk des Inka, des Herrschers.)
Ach ja, der barfüssige Mann mit dem Hut, diese Erscheinung hat mich seinerzeit auch beeindruckt. Ich habe da noch andere Bilder vor meinem inneren Auge.
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Da könnten sich heutige Autokraten wahrscheinlich auch noch einiges abschauen …
Ist übrigens die Postkutsche aus Wien nicht bei Ihnen vorbeigekommen ? Die werden auch immer langsamer ! Wen man bedenkt, dass die Inkas frischen Fisch essen konnten, weil sie so fantastische Läufer hatten, die ihn in Nell komma nix von den Küsten auf die Berge beförderten ….
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Das Volk des Inka hatte bereits Kühlhäuser zu seiner Zeit.
Ein Postillon stiess hier in den letzten Tagen nicht in sein Horn 😦
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So, so, lammer Verein !
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Der Postillon wird sich seine Zeit in einer Schenke, wenn nicht gar Spelunke, vertreiben 😉
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Naja bei einem österreichischen Postillon würde mich das ja nicht weiter wundern, aber ein deutscher !!
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Ei, ei, ich hab auch schon mal weniger Tippfehler gemacht 😉
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Dexys Mitternachtsflitzer … — ?!?!?! Einer der übelsten Rockpaläste aller Zeiten. Erst dieses one-hit-wonder, das an diesem Abend bewies, dass eine „Eileen“ eben doch keinen Abend retten kann und wenn ich es recht behalten habe, muss als 3.Act dann King Sunny Adé an der reihe gewesen sein, der die Hälfte des live-Publikums in null komma nichts aus der Halle trommelte…. Wer dazwischen scheitern durfte, hab ich komplett vergessen/verdrängt.
Das mit dem Regenwaldmassaker seit Jahrzehnten – tja, watt willste machen, Klausthaler trinken, bis zum Abwinken? Die Menschheit hat es nicht.
Die Latinos sind es aber nicht alleene. Es gibt genug Assis in ganz Europa, die die Kanonenofenrenaissance ermöglichten, inclusive Waldfrevel, Alleenmassaker, galoppierendem Kreissägensyndrom usw.
Gehste mittm Hund in den Wald, fängste automatisch an, von der Renaissance der Todesstrafe zu träumen. Gabs ja im 19.Jhd auch: Waldfrevel – Arm ab! Klingt irgendwie Scharia kompatibel. Vielleicht regeln das ja all die Neudeutschen, die da jetzt kommen. (War nur Spass.)
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???
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http://www.songtexte.com/songtext/frank-schobel/tokei-ihto-bf6c902.html
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Anattostrauch – wieder was gelernt … 🙂
Schnelle Grüße von nebenanbei
Der Salva
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Vielen Dank – und ebenso schnelle Morgengrüsse al tun tun…
Herr Ärmel
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🙂
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Oho, Sie sind auch ein Kenner von umgangssprachlichem Spanisch ….
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Durchaus 😉
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Wer bitte nennt eine Pflanze Stephanulrich? (Wahrscheinlich Stephan Ulrich, aber wieso, wenn er sie nicht einmal entdeckt hat?) Und Butterfarb? Also wenn meine Butter so eine Farbe hätte wär ich zuerst mal misstrauisch *g*
Isst man beim Mimolette eigentlich die Milben mit und ist das dann auch was für Dschungelcamper? *fg*
Fragen über Fragen 😀
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Ja, die merkwürdigen Namenszuschreibungen… ich habs nicht heruasfinden können, wie die entstanden sind.
Milben im Mimolette?
Die in kulinarischen Dingen besonders bewanderten Ammis haben den Import verboten, weil, so die Wikidemiker, „der Käse „als Ganzes oder zum Teil aus einer schmutzigen, verdorbenen oder verrotteten Substanz“ bestehe „oder anderweitig nicht als Nahrungsmittel geeignet“ sei.
Im Mai 2013 verhängten die US-amerikanischen Zollbehörden ein Importverbot für Mimolette-Käse mit der Begründung der Food and Drug Administration….“ (aus Wikipedia)
Wan wird denn endlich bei uns das ganze krebserzeugende Fressfrasszeuchs usamerikanischer Chemiefabriken verboten?
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Anklicken färbt nicht? Schade. Herzliche Morgengrüße
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Beim Liddel gibts eine französische Woche und ebendort auch Mimolette – – nur mal so am Rande.
Ganschöne Grüsse aus dem Bembelland
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Gibts auch im gut sortierten Bioladen, lieber Käsefreund, (wenn nicht vorrätig, dann auf Bestellung). Und dann haben Sie KÄSE auf dem Brot und nicht ein massenhaftes Spekulationsobjekt.
http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/essen-trinken/mimolette-dieser-kaese-lebt/8753822.html
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Ich glaube, ich hätte die Farbe lieber woanders als im Käse. 😉 (Vermutlich ein grobes, dummes Vorurteil.)
Freitagsmüde Grüße aus der Kesselstadt
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Diesen Käse auf schwärzestem Brot mit einer Banane verzehrt, empfehle ich Ihnen, mein lieber Zeilentiger.
Abendschöne Grüsse aus dem Reiserückkehrerbembelland
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Lieber Herr Ärmel, Sie schreiben:“Dass sich gegen diese masslose Zerstörung, Ausbeutung und Vernichtung langsam aber sicher Widerstand regt, erfüllt mich mit Freude und Hoffnung.“ … ich schliesse mich an und kann nur hoffen, dass diese Menschen jetzt endlich auch gehört werden!
herzliche Grüsse vom grautauendem Schmuddelberg
Ulli
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So sende ich Ihnen, liebe Frau Ulli, einen solidarischen Gruss aus dem dämmernden Bembelland
Herr Ärmel
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Noch immer weiter grüble ich, was ich hier beisteuern könnte. Ganz besonders aber macht mich der Kommentar von Herrn Bludgeon stutzig, da schmort wohl etwas im Klandestin (ha, soeben hier gelernt: http://www.neueswort.de)
In diese Gegenden werde ich nie, mit keinem Traumschifflein der Welt, reisen, höchstens, vielleicht, ja, mit einer neu aufgelegten Concorde. Und wie verrückt diese Cocablätter in den Backentaschen bunkern, oder so.
Man lernt hier über die Welt!
Gruß vom Rheinhessensteig (für Anfänger)
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Der Kommentar von Bludgeon machte Sie stutzig? Nun, er scheint manchmal ein jugendlicher Heisssporn zu sein.
Auf dem Paramo gibt es keine Cocablätter, und diesen Ort würden Sie auch mit keiner Reisegruppe erreichen und besuchen können.
Vielleicht sollte ich gelegentlich mehr über solche lugares inaccesibles berichten mit einigen erläuternden Fakten.
Ich grüsse Sie aus dem Bembelland (die Fähre ist festgemacht)
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Oh ja, Infos und Bilder über lugares inaccesibles würden mich sehr interessieren. Vom ecuatoranischen Páramo weiß ich nur, dass er existiert und dass es dort mindestens einen Nationalpark gibt. Von den menschlichen Ansiedlungen dort weiß ich überhaupt nichts. Offenbar haben Sie die Gegend bereist und fotografiert und könnten Erlebnisberichte schreiben ……
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Zwei Drittel der Gesamtfläche Ecuadors sind mittlerweile zu Nationalparks erklärt worden. Ich habe die Gegend wenig bereist, hatte jedoch den Vorzug, Lebensformen sehen zu dürfen, die dem reisenden Touristen normalerweise verschlossen bleiben. Viele Fotos habe ich nicht aufgenommen dabei, das verbot sich aus vielfältigen Gründen. Die Bilder trage ich im Inneren mit mir.
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Ja, solche Bilder sind sehr intensiv. Schade, dass man sie anderen nicht zeigen kann …
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Ich träume seit Ewigkeiten davon, innere Bilder sichtbar zu machen ~~~~~
Aber ernsthaft, solche Bilder bedürfen unter Umständen intensiver Erklärungen.
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Einerseits ja, andererseits wirken sie auch ohne Erklärungen. Nur vielleicht ist die Aussage, die beim Seher ankommt nicht ganz die vom Fotografen beabsichtigte.
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..ein ganz wichtiger Aspekt, den sie da erwähnen; der Zwiespalt zwischen der Intention und der Interpretation…
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Ständig stolpert man da drüber in so vielen Bereichen des Lebens ….
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In der Tat – deswegen ist der Unterschied meines Erachtens auch wichtig.
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Wer Bludgeon heißt, schwingt Knüppel.
Aber keine die draufhauen, sondern Bahn brechen.
Ist doch mal was!
Gute Nacht liebe Frau Wildgans
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