Strand Reklame Schranke Abseits

Allgemein bekannt ist der Mann als satirischer Zeichner des amerikanischen Lebensweges. Als Musikant ist er von vielen Menschen wahrscheinlich noch zu entdecken: Robert Crumb & The Cheap Suit Serenaders – Singing in the Bathtube (1993)…

Die Nacht endet zu früh. Der Griff zur Sehprothese. Es zwickt an der Augenbraue. Vorsichtige Fingerprüfung. Kling. Der Blick ins Leere. Ein Glas fällt heraus. Das neue Gestell ist gebrochen. An der offensichtlichen Sollbruchstelle ist nichts mehr zu machen. Der Tag beginnt mit einer Überraschung.

Ich frage mich, warum die Europameisterschaft so lange dauert. Zu viele Mannschaften, zu viele Spiele. Und überhaupt, wer kann wochentags schon am frühen Nachmittag Fussballspiele sehen. Die verbalen Fehlgriffe von Sportkommentatoren sind Legion. Immerhin habe ich als Zuschauer nach einigen Spielen gelernt, dass die isländische Mannschaft aus Wikingern besteht, die irische die Green-White-Army ist und das polnische Team ein Kollektiv. Die 2:0 Führung des nordirischen Teams soll ein Zwergenaufstand gewesen sein. Ich habe nirgends im Stadion Zwerge gesehen. Und die nordirischen Spieler sind von normaler Körpergrösse. Das habe ich genau gesehen, denn damals war die neue Brille noch in Ordnung.

Durch den für mich unüblich hohen Fernsehkonsum nehme ich an den Werbeeinblendungen teil. Fast jede zweite Reklame preist pharmazeutische Produkte an. Dazwischen die Verführungen der lebensmittelchemischen Industrie, der Automobil produzierenden Fabriken und schliesslich der Tierfutterhersteller. Mir fällt auf, dass in den Spots sehr subtil das schlechte Gewissen und die Leistungsfähigkeit der Zuseher attackiert wird. Ich bin heilfroh, dass ich von Tageszeitungen, Nachrichten und Reklamen normalerweise weitgehend verschont bin. Müsste ich das alles tagein tagaus ertragen, ich glaube, ich würde irgendwann durchdrehen. Oder mein Hoftor mit einer Bahnschranke verschliessen. 

Im Piper Verlag erschien zwischen 1927 und 1938 die Buchreihe „Was nicht im Baedecker steht„. Eine Serie von alternativen Reiseführern. Geschrieben von seinerzeit durchaus prominenten Autoren. Im Band IX Frankfurt, Mainz, Wiesbaden  lese ich den Satz von Hans Reimann, „wir sind hingerissen von Schönheiten und Absonderlichkeiten jener Länder, die wir als Fernreisende betreten! Stünde Oberursel [bei Frankfurt – Anm. von mir] in Kroatien oder Norwegen: jedes bisschen Gemäuder, jeder Winkel und jedes pittoreske Tor erschiene „romantisch“ und erregte unser Entzücken.“ (S.196).
Recht hat der Mann, auch hier in der Nähe kann man am Strand in der Sonne liegen. In Rheinhessen. Zugegeben, das Badevergnügen endete vor dreissig Millionen Jahren durch klimatische Veränderungen. Auf dem Meeresboden sind längst Dörfer entstanden. Aber Strand und Küste sind noch auffindbar. Daran erinnerte ich mich wieder durch einen Hinweis im Blog von Frau Wildgans.

In meinem Blog sind die Beiträge und die dazugehörigen Fotografien in der gleichen Reihenfolge nummeriert. Die Zahlen differieren mittlerweile. Seit meinem Umzug auf diese Plattform sind bis jetzt dreizehn Beiträge verschwunden. Fast hätte ich mich dazu hinreissen lassen, für die offene Frage Zeit zu verschwenden.
Stattdessen freue ich mich an den Inhalten im Briefkasten am Ärmelhaus. Handgeschriebene Briefe und Karten nehmen wieder zu. Auch die Zusendungen von Fundstücken und allerlei schöne Überraschungen. Das wärmt das Herz deutlich mehr als ein Gefällt-mir-Klick oder die künstlichen Aufregungen über die Ver(w)irrungen mancher Blogger.

Ich wünsche allen Besuchern, Lesern und Guggern ein sonniges Wochenende.

                                                                                (Foto anklicken – gross gugge)


51 Gedanken zu „Strand Reklame Schranke Abseits

  1. Ach Herr Ärmel, wieder den Nagel auf den Kopf getroffen.

    Am Wochenende reicht mir Unterhaltung mit der Natur, auf Fernsehen, Radio und Tageszeitung kann ich so gut verzichten.

    Die Blogger lasse ich sich selbst entwirren und sage dazu nix.
    Einmal ließ ich mich hinreißen, bedauere das, aber woraus sollte man lernen, wenn nicht aus eignen Fehler…

    Im Garten geht ein Wind, ich schicke Ihnen ein fröhliches Rauschen.

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  2. Herrlich, am nicht mehr so frühen Morgen Ihren fein aus den Zeilen rieselnden Humor zu lesen. Welch` unbezahlbares Stillvergnügen, den Tag so zu beginnen. Sowohl Ihre Morgenüberraschung als auch Ihr Kommentar zur EM sind herzerfrischend nüchtern im Sinne von Klartext ohne Ätzung oder Gejammer und ganz nebenbei haben die Herren im Baedecker recht, was einem tatsächlich das Leben versüßen kann. In diesem Sinne: schönes Wochenende! (wegen der Brille war ich kurz mitleidig. Die war doch erst repariert, ne?)

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  3. Den Herrn Crumb muss ich mir direkt mal anhören, zumindest als Zeichner fand ich ihn ganz hervorragend.
    Die Werbeeinblendungen bei Fußballspielen sind übrigens dazu da um Bier zu holen und wegzubringen ;). Solange der Ball nicht rollt guck ich da gar nicht hin, daher ist mir die pharmazeutische Industrie bisher überhaupt nicht aufgefallen.

    Und die pittoresken Ecken von Oberursel (die gibt es, gerade nachgesehen) lohnen sich auch, ohne das Dorf nach Kroatien oder Norwegen zu versetzen. Fachwerk ist da eher selten..

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    • Crumb macht Schrammelmusik, er spielt Banjo. Ganz gut halblaut und nebenbei zu hören.
      Wenn man Fotos entwickelt beispielsweise.
      Reimanns Vergleich hinkt in der Tat ein bisschen. Aber seine Grundbeobachtung ist richtig: wir gehen an etwas achtlos vorüber, was wir woanders bestaunen.

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  4. Wieder sehr gerne gelesen und hier und da geschmunzelt. Hoffe das brillengestell ist wieder okay.
    herzliche Grüsse und Ihnen ein sonniges Wochenende
    Ulli

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  5. Was für eine Bedeutung hat denn in Ihrer schön anmutenden Musik-Text-Bild-Kombination das ärztliche Geraffel? Sie haben sich nicht etwa an einer dreißig Millionen Jahre alten Auster eine Urmenschtollwut geholt?
    Gruß vom Rande des Rotliegenden

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  6. Mir fällt das zunehmend auf, gemische Redewendungen, wenig korrekte Fakten, Füllberichterstattungen. Alles merkwürdig.
    Was ich mich schon lange frage und hier mal lese (und mich nicht mehr alleine wundere), ein nicht unerheblicher Teil meines Kreises hat genügend Zeit, die meisten Spiele live zu verfolgen, zumindest kann ich das vermuten. Und mich darüber wundern. Sind das alles Rentner? Lassen 50% der Arbeitgeber zu, dass man sich während der Arbeitszeit nonstop anderen Dingen zuwendet und sein Leben vom Arbeitsplatz aus organisiert? Oder muss die Mehrheit nur bis 14 Uhr arbeiten? Mein Leben funktioniert nach anderen Regeln, vielleicht mache ich auch etwas falsch und merke das nicht. Ich hatte das mal angesprochen (im realen Leben) und fragend Blicke geerntet. Aber das nur am Rande. Es ist vielleicht der Neid, der aus mir spricht, zumindest in diesen Tagen, Wochen, Monaten. Mein Alltag korreliert nicht mehr mit anderen Alltagen. Wie auch immer.
    An anderer Stelle hatte ich die verbale Aufarbeitung eines EM-Fußballspiels dieser Tage als gelebte Satire bezeichnet, das bestätigt sich zunehmend.
    Die immereinprasselnde Werbung ist Wahnwitz, Stadien müssen ihre Namen überhängen, da darunter unerlaubte Werbung zu finden ist. Wir sollten uns dem Spiel als solchem wieder zuwenden, für dessen Beschreibung wieder Kriegsvokabular genutzt wird. Es sind unruhige Spiele, wir können nichts dagegen tun. Sie fokussieren auf Probleme, statt von Ihnen abzulenken. Am Ende bleibt die Schlagzeile, dass die gedopte Nato nicht nach Olympia geht, sondern in Rio einen auf Brexit macht. Nichts bleibt wie es war.
    Ich habe nicht die Zeit, mir ein reales Bild über alles zu machen, mein Verstehen ist begrenzt, wie bereits vorhin festgestellt.
    Vielleicht ist es die Schranke auf Ihren Fotos, die in meinem Kopf haust und geöffnet werden muss. Vielleicht muss ich mich mal umdrehen um sie zu sehen.
    (Radiohead / Present Tense)

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    • Es ist stark anzunehmen, dass ein geringer Teil der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern zugesteht, Spiele zu beobachten, auch während der Arbeitszeit.
      Solang das ein Geben und Nehmen bleibt, finde ich es in Ordnung.

      Wichtiger wäre es, sozial wirksame Leistungen zu bringen.
      Kinderbetreuung…ich würde mich schon über Urlaubsgeld freuen.

      Persönlich empfinde ich die Geldmaschine Fußball als unwichtig.

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      • Man sollte das nicht zwingend auf den Fußball beziehen, es ist für mich eher der Anlass.
        (Ein entspanntes Fußballinteresse bietet aber auch Nährstoff für Gespräche außerhalb der Pflicht, sei es privat oder beruflich. Und wenn die übermotivierten Eltern (insbesondere Väter) nicht wären, dann sind diese Vereinsmannschaften sogar ein gutes Stück Leben in unserem erzieherischen Alltag. Das gilt natürlich auch für andere Mannschaftssportarten. Nur hüte ich mich davor den Fußball schlecht zu reden, weil der Rahmen aus dem Ruder gelaufen ist. Wenig ist so einfach, wie mit einem Ball auf der Straße vor dem Haus mit den Nachbarn zu kicken und das kleine Alutor hinzuschieben. Was meinen Kindern noch möglich war.)
        Prinzipiell stimme ich dem Geben-Nehmen-Prinzip auch zu, die gelebte Realität ist häufig eine andere. Es gilt der selbe Grundsatz wie bei der Steuererklärung, man nimmt mit was man bekommen kann, in diesem Falle Zeit. Es ist der Protest des kleinen Mannes gegen das System, wenn man so will, weil er sich ungerecht behandelt fühlt. Und das wird durch die Werbung noch gefördert („Geiz ist geil“ und ähnliche Mentalitäten). Ich kenne ebenfalls von Firmen organisierte TV Übertragungen der deutschen Spiele mit der ungeprüften Bitte, das Versäumte ohne Anrechnung auf Stunden nachzuholen. Das finde ich i.O. Aber mittlerweile hat jeder Büroarbeitsplatz Internet, da führen viele Mitarbeiter ein Parallelleben, in Blogs und Foren ist man immer aktuell, recherchiert zu aktuellen Themen am Arbeitsplatz, Live-Übertragungen von Sportereignissen laufen nebenbei, der Urlaub wird mal eben organisiert, das Firmen-Email ist auch die private Kontaktadresse usf.
        Bei vielen Arbeitsverhältnissen gibt es ein Jahresgehalt, verteilt auf 12, 13 oder 14 Monate. Kein Urlaubs- oder Weihnachtsgeld bedeutet dann aber auch, dass dieser Gehaltsanteil nicht mehr abgeschmolzen werden kann. Für mich vor vielen Jahren ein Grund auf diesen 12er-Wechsel, man weiß ja nie. Hat sich aber wieder geändert. Manche Branchen haben zudem keine Gewerkschaften im Rücken, da wird gezahlt nach Vereinbarung, und das gilt auch für Arbeitszeiten und Überstunden. Ich höre hier immer das Argument „das ist doch aber in deinem Gehalt mit drin“, das Gehalt kennt aber keiner. Und dass es vielleicht mal 5 Jahre stagniert interessiert auch nicht. So etwas ist ärgerlich, eine grundsätzliche Annahme, dass es den Anderen besser geht, ohne eigenes besseres Wissen.
        Auch unsere sozialen Leistungen sind aus meiner Sicht nicht so schlecht, viele Unternehmen bieten gute Dinge an, die aber nicht immer angenommen werden. Wo fängt man an, wo hört man auf? Sicherlich, Verbesserungsbedarf gibt es immer und auch sehr unterschiedlich ausgeprägt. Manchmal habe ich eben den Eindruck, gut ist nicht gut genug, und negative Entwicklungen dienen dazu vieles grundsätzlich schlecht zu reden. Mein Arbeitgeber bezahlt mich für (mindestens) 40 Stunden in der Woche konzentrierte Leistung. Dann steht ihm das auch zu. Da steckt – gerade in Kleinunternehmen – viel Vertrauen drin. In früheren Zeiten hat die Arbeit untrennbar zum Leben gehört, heutzutage versucht man das zu trennen in merkwürdige Diskussionen ob man arbeitet um zu leben, oder ob man lebt um zu arbeiten.
        Aber ich will Herrn Ärmels Blog hier nicht zumüllen, ich finde eben vieles nicht in Ordnung, und diese Geschichte hat eben zwei Seiten. Und an die alte Geschichte von Gut und Böse, von Rotland und Blauland, von Schwarz und Weiß, süß und sauer glaube ich eh schon lange nicht mehr.

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        • Zuallererst.
          Sicher gehe ich davon aus, Herr ist mit Debatten dieser Art einverstanden.

          Es gibt mittlerweile einen enormen Unterschied bei den Arbeitnehmern in Deutschland.

          Einen „Mittelstand“ in den Büroetagen, der das – meiner Meinung nach – enorm ausnutzt.
          Ein paar „Tagelöhner“ , die sich solchen unsinnigen Luxus niemals leisten würden.

          Wir Sie sagen, der Fußball ist nur ein Beispiel.

          Glauben Sie mir, auch wenn ich kein Urlaubsgeld bekomme, meine Arbeit tue ich gern und pflichtbewusst.

          Grüßen Sie Ihre tränenden Herzen

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    • Lieber Herr Autopict, ich danke Ihnen sehr für Ihren Kommentar, der mich seinerseits zum Nachdenken anregt.
      Nur soviel dazu und spontan überdies: Die Masse gibt es nicht mehr. Insofern korrellieren die Alltage immer weniger. Zu viele Arbeitslose, Teilzeitarbeiter, befristet beschäftigte Arbeitnehmer, Umschüler im vorgeschrittenen Alter und Vorruheständler.
      Schon die Begriffe Arbeitnehmer und Arbeitgeber müssten richtig gestellt werden. Von wegen geben und nehmen. Arbeitskraftverkäufer und Arbeitskraftkäufer wäre treffender. Dann würde klar werden, wer die Preise macht. Und wer Verhandlungsmacht besitzt.

      Beim Sport sich lediglich auf das Geschehen zu konzentrieren war den Herrschenden wohl zu wenig. Brot und Spiele. Bei besserer Ausblidung würden zu viele Fragen stellen. Kritische Fragen überdies. Deshalb wird Verwirrung gestiftet mit nutzlosen Gemülle an Nachrichten und Werbung. Bis man den Überblick über das wirklich Wichtige im eigenen Leben verliert. Das ist gewollt. Stellen Sie sich vor, die Mehrzahl der Menschen würde die entscheidenden Fragen stellen. Und da jedes individuelle Verstehen begrenzt ist, wird viel drangegeben, dass da kein solidarisches Miteinander entstehen kann, in dem jeder seine eigenen begrenzten Fähigkeiten einbringen würde. Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Einzelteile.

      Die Schranken in unseren Köpfen müssen wir alle öffnen, jeder nach seinem Vermögen. Aber wer will sich selbst erkennen. Da danken viele Menschen lieber dem Herrn Platini, der es eingerichtet hat (nicht ohne erheblichen eigenen finanziellen Vorteil), dass die EM auf vier Wochen ausgedehnt worden ist. Menschen nicht zu sich selbst kommen lassen, keine Selbsterkenntnis, nicht bei sich bleben lassen. Sondern ablenken von allem, was wirklich zählt für die eigene Entwicklung der Persönlichkeit, den eigenen Weg und den mit anderen Menschen.
      Da würde nämlich bald ein ganz anderer Wind wehen.

      (Laurie Anderson – Big Science)

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      • Ha! Mit Laurie Anderson haben Sie mich an Gabriels Peter und Bushs Kate erinnert: ich muss mir mal wieder ‚Don’t give up‘ anhören. Die etwas neueren Schallemissionsgeräte könnten Freudensprünge auslösen, höre ich da doch mitunter Dinge die ich noch nie gehört hatte.
        Ich mag Freudensprünge und auch einen positiven Blick, deshalb tue ich mich vielleicht mitunter schwer das viele Negative zu sehen, denn das löst dieses alte Verhalten nicht aus. Gibt es überhaupt noch irgendeine Regung eines in der Öffentlichkeit stehenden Menschen, die man nicht negativ einordnen möchte? Der Organspender wirkt plötzlich präsidialer als je zuvor, seine Aussage hat die Phasenverschiebung der Parteien scheinbar manifestiert, aber ist es nun Mittel zum Zweck oder heiligt der Zweck alle Mittel? Oder bin ich nur verwirrt? Nun ja, ein anderes Thema.
        Ihre Begrifflichkeiten gefallen mir, „Arbeitskraftverkäufer“ und „-käufer“. Das trifft es ganz gut. Die von Ihnen aufgezählten Bevölkerungsschichten befinden sich alle in meinem engeren Kreis, teils auch in gemischter Form, darüber hinaus auch Personen, die sich um solche kümmern, zumindest zum Teil. Mit den meisten komme ich frei nach Herzblatt getrennt voneinander regelmäßig in Kontakt. Alles zur selben Zeit am selben Platz, das würde Spannungen garantieren. Und da wundere ich mich auch über manchen Arbeitskraftzurückhalter, über das geballte Wissen des Unterschichten-TVs, über die tägliche Routine, aus der nicht ausgebrochen werden kann, obwohl sie kaum voranden ist. Wobei, das schränke ich ein, dies sicher der kleinere Teil der Bevölkerung ist. In meinen ersten Ferienjobs als Schüler fühlte ich mich ganz schön ausgebeutet und dachte mehr (oder weniger) geht nicht mehr, auch da habe ich dazugelernt, mehr geht immer, auch im selben Bereich, die Mäntel werden eben länger.
        Insbesondere Ihren letzten Absatz unterschreibe ich sofort.
        (The Cure / Prayers for Rain)

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  7. Soweit mir das das Fernsehprogramm mitteilt, findet Fußball um 21:00 statt. Vorher wird auch in Frankreich gearbeitet.
    Ich guck das nicht. In Bordeaux war ich vor 15 Tagen – und froh, wieder raus zu sein, atmen zu können. Das Hamburg des Südens ist sowas von luftvergiftet.
    Marseille war bei meinem letzten Besuch angenehmer. Da haben sie jetzt zwei Handvoll Russen rausgeworfen.
    Die deutsche Elf heißt übrigens hier nur „la Mannschaft“. Und statt Trainer sagt man sélectionneur, Selektierer. Aber sagte ich schon, dass ich mich dem Heip verweigere?

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  8. Klare Gedanken zum Sonntahmittag – so lob‘ ich das mir! 🙂

    Herzliche Grüße ins Bembelländische. Und ach ja, bevor ichs vergesse, ein Photo eines romantisch verzückten Oberursels habe ich vermißt …

    Der Salva

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  9. So, wie ich meine, Herrn Ärmel auf dieser Seite kennen gelernt zu haben, werter autopict, fällt ihr Kommentar nicht unter „zumüllen“, sondern eher in die Rubrik „Pflicht“ zum konstruktiven Austausch. Und vieles an Ungleichgewicht in unserer Gesellschaft, was sie ihn ihrem Kommentar ansprechen, sehe ich ebenso. Vieles, besonders was das grundsätzliche Wesen des Menschen betrifft, wird m.E. nach von den Herrschenden immer so interpretiert und dargestellt, wie es ihrem Machterhalt am dienlichsten ist. Das meine ich rein als Faktum.

    Nehmen wir einmal Gewerkschaften ( die ich übrigens -überwiegend – selbst als ganz oben in der Reihe der unsozialsten Arbeitgeber mit großem Willen zum Machterhalt einstufen würde.) z.B. eine, die 5 % mehr Lohn/Gehalt fordert, und für die Durchsetzung ihrer Forderung ein halbes Land morgens im Berufsverkehr lahm legt. Der zähneknirschende Kompromiss von 3,5 % signalisiert am Ende den Arbeitnehmern, dass die Gewerkschaft wie ein Löwe um gerechten Lohn gekämpft hat und das ausbeuterische Unternehmentum sich nicht mehr hat abringen lassen. Es ist dann verwunderlich, wenn Arbeitnehmer anschließend meinen, sich das ihnen zustehende anderweitig holen zu müssen ( über Schraubenschlüssel, Internetzeit, angeblichen Stau`s auf Autobahnen…)

    Der Finger zeigt meist auf den unfairen Arbeitnehmer, dessen Motivation sich aber eigentlich schon aus der Unfairness der herrschenden Instanzen speist.

    Das muss jetzt alles nicht so explizit und definitiv sein, wie ich es beschrieben habe, führt es mich doch letztlich zu der Frage, die sich aus ihrem Kommentar in mir gebildet hat:

    Brauchen wir eigentlich immer Feindbilder? Und wenn ja, dann sollte ich das auch so akzeptieren und lernen, damit umzugehen.

    Und ist „fair/unfair“ nicht selbst schon ein Feindbild? Und dient es nicht auch mir, öfter, als mir manchmal bewusst ist?

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    • Da danke ich Ihnen mal für das Zureden.
      Als Eltern ist man in gewisser Weise auch Herrschender, und man findet ähnliche Verhaltensmuster mitunter bei sich selbst. Vielleicht sind diese auch erforderlich, aber sie sollten eben nicht überhandnehmen.
      Wenn Sie bedenken dass teilweise Streik als höhere Gewalt gilt, kann ein solcher einen Normalbürger auch an den Rand einer Wirtschaftskrise und darüber hinaus bringen. Aber eben auch Gewerkschaftsbosse sind in ihrem Bereich Herrschende und ich kann da meist nur erschreckt einen Schritt zurücktreten. Für eine Scheingerechtigkeit werden Jahresmitarbeitergespräche eingeführt, fehlt nur die Überreichung der Pille zum Ruhigstellen. Satt und Sauber ist die Devise, dann ist der Arbeitskraftverkäufer (Quelle: Herr Ärmel) schon wieder ruhig, und gerade das trifft eine große Schicht.
      Zu Ihrer Frage:
      Wir sollten uns mit Feindbildern zurückhalten, ich kann das auch nicht wirklich, aber es zerstört die Herzen. Jeder von uns hat seine Lebenserfahrung, sicherlich mit genügend negativen Lebensabschnitten, ich bin da ja keine Ausnahme. Gehe ich auf den Satz von Herrn Ärmel:
      „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Einzelteile.“ und behaupte, dass jeder Mensch vermeidet seine negativen Erfahrungen weiterzugeben, dann wäre in Folge dieser Aussage bei Solidarität der Menschen und Gedanken die Welt eine gute.
      Und das sollten wir zum Positiven nutzen und uns nicht von Feindbildern einlulleln lassen.
      Vielleicht von mir alles etwas pauschaliert.
      Hierzu empfehle ich die süße Melodie mit dem bitteren Text von ‚No Surprises‘ von Radiohead, insbesondere die Liveaufnahme vom 27. November 2003 aus London, Earls Court, hier die Stelle von 01:01:25 bis 01:01:40.

      „A heart that’s full up like a landfill
      A job that slowly kills you
      Bruises that won’t heal

      You look so tired, unhappy
      Bring down the government
      They don’t, they don’t speak for us“

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    • Seien Sie nur froh, daß in Deutschland politische Streiks verboten sind… Die CGT – kommunistische Richtungsgewerkschaft – legt gerade Frankreich lahm, weil ihr das neue Arbeitsrecht nicht zusagt. Und Pressefreiheit… CGT verlangt die gnädige Überlassung von ganzen Zeitungsseiten, sonst wird die Zeitung bestreikt.
      Ich nenne so etwas Erpressung und meine, die CGT-Funktionäre gehören wegen Landfriedensbruch ins Gefängnis.
      Aber Frankreich, das nicht mal im eigenen Land Frieden schaffen kann, meint ja, es könne den Nahen Osten befrieden, wenn nur Israel mitmachte… (Lies: wenn nur Israel nicht so störrisch auf seinem Existenzrecht beharrte!)

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  10. Ich wollt noch sagen, ich finde die zwei Störche klasse, schauen wohl in verschiedene TV Geräte. Muss man auch heute abend, 2 Spiele gleichzeitig. Mal sehen ob ich heute den Ton abdrehe. Ich darf sicher nicht. Außerdem gibts dann nichts zu lachen.
    Jetzt aber Schluss mit hier.

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  11. ich traue mich, einfach „gefällt mir“ anzuklicken, von wegen der Störche. Vor Fußballsendungen fliehe ich erfolgreich – zB, in Schostakowitchs „Lady Mcbeth“ (Dankeschön-Ticket für nicht-Fußballgucker, 15 E statt 50 E),

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  12. Ich für meinen Teil geniesse immer die EM’s oder die WM’s. Irgendwie erinnert mich das an den Matheunterricht. Genau so wenig, wie ich damals begriffen habe, was eine Kurvenschar ist, so verstehe ich heute nicht, was etwa eine Viererkette sein soll. Das Abseits ist für mich mindestens genau so unbegreiflich wie die Integralechnung.
    Ab dem Viertelfinale fangen dann so die Klassenarbeiten an. Da gibt es Spiele, die erinnern mich an die alles entscheidende Schriftliche Prüfung, wenn man zwischen 4 und 5 gestanden ist.
    Heuer gab es einige Begegnungen, bei denen ich nach etwa zehn Minuten in so eine Art meditativen Flow gerutscht bin, das Wachbewusstsein war eingeschläfert durch das Pulsieren der imaginären Viererketten, ohne das etwas passierte. Aus dem Unbewussten hingegen blubberten die Gedanken nur so hervor. Kindheitserinnerungen, Alltagsbetrachtungen und was alles mehr. Beim Spiel gegen Polen habe ich mir überlegt, ob ich nicht meine Steuererklärung machen soll. ich habe aber erst heute die Formulare geholt.
    Die Werbung finde ich erstaunlich dezent. Ich habe ewig gebraucht, bis ich mich daran erinnerte, wer der freundliche Glatzenträger ist, der da zu schöner Gitarrenmusik herumradelt. Das ist ein altersmilde gewordener Schiedsrichter. Warum da für Energie aus Aserbaidschan geworben wir auf der Bande ist mir völlig schleierhaft.
    Eines aber fiel mir zwingend auf. Genau dann, wenn ich die Gelegenheit bekam, einen Blick auf ein Spiel zu werfen – was sich dank der Eigenarten in meinem Berufsleben oft ergibt – zu dem Zeitpunkt fielen die Tore. Das macht schon nachdenklich ……

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