Radikalrengdeng-iiiiiihhhh-wemmdeng ~~~ dengdeng!

Beim heutigen Thema wäre ein ruhiger, getragener Trauermarsch angemessen. Stattdessen doch lieber frühlingslebhafter:
Beatsteaks – Muffensausen (2013)…

Es ist nicht mehr zu übersehen. Beim Anblick dieser eigenartigen Reduktion will sich bei mir keine bereichernde Fülle einstellen. Doch, halt – meine Fragen mehren sich. Man kann diese Form der Reduktion sehen als Minderung. Auf hundert Kilometer entlang der Autobahn. An anderen Strassenrändern auch. In Wäldern und an deren Säumen. Neben Gehwegen, öffentlichen Grünanlagen und in Parks. Selbst an Garagenauffahrten. Es geht ein Kahlschlag sondergleichen um im Land.

Einige werden sich an der Stirn kratzen. Kettensägenaktien. Das wärs gewesen. Denn Deutschland probt den Kahlschlag. Da wird gesägt, gehackt und gefällt auf Deibel komm raus.
Dass Kulturlandschaften der Pflege bedürfen ist nur natürlich. Die Frage stellt sich allerdings, wie die Pflegemassnahmen gestaltet werden. Hat man einen Spreissel im Finger, muss nicht gleich der Unterarm amputiert werden.
Genau diesen Eindruck aber vermitteln viele Bäume beim näheren Hinsehen. Denn die meisten Bäume, die ich selbst in Augenschein genommen habe, waren kerngesund. Im ursprünglichen Sinn des Wortes. Zudem fällt unangenehm auf, dass manche Bäume als meterhohe Stammleichen enden. Wer denkt sich diesen Irrsinn aus?
Merkwürdig finde ich überdies, dass man in verschiedenen Bundesländern die gleichen traurigen Resultate dieser Kettensägenmassaker sehen kann. Hinter dem infernalischen Radau könnte man eine konzertierte Aktion vermuten.

In den Momenten weichenden Entsetzens frage ich mich inzwischen, ob es irgendeinen Zusammenhang geben mag zwischen den Wahnsinnsrodungen und den Instandsetzungen beschädigter Brücken. Es scheint, in Deutschland sei derzeit jede zweite Brücke vom Einsturz bedroht. Die Kettensägenarmeen dienen dabei vielleicht zur Kompensation in Bau- und Grünämtern. Wenn schon alle Brücken beschädigt sind und folglich instandgesetzt werden müssen, da wollen wir doch mal der Natur und besonders den Bäumen zeigen, wer die Herren der Sägen sind. Nur der Erfolg wird bewundert. Es kommt der Tag, da will die Säge sägen.
Es mag metapyhsisch klingen, aber vielleicht handelt es sich auch um eine Geräterevolution der Kettensägen gegen die überhandnehmende Herrschaft von Laubbläsern und -saugern. Dabei werden die Sägenbediener durch das schrille Kreischen der Sägen zu nervösem Aktionismus verführt. Wer weiss schon gemau, was in den Seelen einer Motorsäge vor sich geht.

Am Rand eines Kurparks wurde eine ganze Reihe kerngesunder Eiben ohne Hirn und Verstand wirr zusammengesägt. Am tiefsten beeindruckt hat mich dort eine amputierte Eibe. Ein fühlender Mensch hat einen schlichten Blumenstrauss auf dem noch lebenden Stumpf abgelegt. Und die Eibe begann zu weinen.

Beim letzten Waldspaziergang in Begleitung eines Liebmenschen war es immerhin ein kleiner Trost,  recht merkwürdigen Gestalten zu begegnen. Knolliger Erdrauch, Zottelhose und Donnerfluch, so die Namen der Gesellen. Und die Schönheit des Frauenschüchleins konnte bei allem Liebreiz ihr giftiges Wesen nicht verbergen. So eine falsche Osterluzei aber auch.

(Die Trauergalerie öffnet sich beim Anklicken einer Fotografie)

 

36 Gedanken zu „Radikalrengdeng-iiiiiihhhh-wemmdeng ~~~ dengdeng!

  1. Ja die Reduktion schreitet ohne Unterlass und ohne Echo gar / leider auch betrüblich zuweilen und ich für meinen Teil bin da durchaus auch zuweilen geknickt / aber so idt das Leben / erst Party und dann Askese / zuweilen auch den müden Knochen geschuldet /
    Wünsche wohles
    L.

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  2. Lieber Herr Ärmel, ich weiß natürlich nicht, ob sich diese wahnwitzigen Aktionen nur im Hessenland ausbreiten, aber ich habe solche Vorkommnisse ebenfalls registriert. Da ich ein paar Leute bei der Stadt habe, wollte ich eissen wie es zu dem dümmlichen Kahlschlag kommt. Die kleinlaute Antwort war, „Kostenersparnis bei Städtischen Mitarbeitern im Reinigungsbereich.“ Da war ich kurz mal Fassungslos, denn offiziell hatten die Bäume alle Krankheiten, praktischerweise gleich immer in ganzen Gruppen und Straßenzügen. Nach dem Besen folgte der Laubbläser und jetzt ist wohl die Kettensäge dran. Welches Instrument wird das nächste sein? Ich hoffe ein Hammer mit dem man Vernunft einbleuen kann. Beste Ostergrüße ins Bembelland!

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  3. Ich rege mich mehrmals jährlich über solche Aktionen auf, meist hier in meinem privaten Umfeld. In den meisten Fällen schaue ich dann in doofe „Das macht man eben so“-Gesichter. Sehr beliebt ist auch, ältere Bäume zu schlagen und dafür Kleinstbäumchen zu pflanzen. Da könnte ich dann reinschlagen – oder weggehen und heulen.
    Falls willkommen, gern Ostergruß
    Christiane

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  4. Weniger Blätter am Boden, bessere Sicht für Motorisierte, Kinderwagen-schiebende Eltern und Radfahrer, Vorbeugung gegen Entwurzelung und abbrechende Äste bei Sturm, Kostenersparnis, Nutzung des Maschinenparks, Verbotsschilder, Wege-Sperrungen, Gefahrenvermeidung, Versicherungsfragen – es ist dieselbe das Lebendige abtötende Mentalität, die in allen Sektoren des öffentlichen Lebens sich ausdrückt (Kosten- und Gefahrenreduktion, Sicherheitsdenken). Jedenfalls werden heute nicht mehr alle Wegraine mit Round-up niedergemetzelt, und es gibt Ansätze eines Bewusstseins für das Niederträchtige dieser Interventionen.
    So der (die) Spender(in) des Blumenstraußes auf dem Baumstumpf. Liebe Grüße zu Ostern!

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  5. Früher waren es Gärtner, die die Straßenlandschaften pflegten, heute sind es Billiglohnkräfte, denen man Maschinen in die Hand drückt, die sie zerstören, zerfetzen, stutzen, es ist babarisch, dem zusehen zu müssen.
    Aber dazu ist ja mal wieder kein Geld da, um Fachkräfte einzusetzen. Wie Christiane schreibt: es ist zum Heulen!
    mit herzlichem Gruß vom Dach, Karin

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    • Die unselige Outsourcerei hin zu privaten Firmen – auch dies ein wichtiger Aspekt. Denn diese Firmen arbeiten oft und gerne mit Billiglohnkräften ohne fundierte Ausbildung.
      Ihnen feine Ostertage,
      Herr Ärmel

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  6. „Früher“ haben sich noch Leute vor die Bäume gestellt oder hockten gar drauf – nun ist nix mehr zu holen, die Tablets und …dingsphones sind allzu übermächtig…
    Gruß von der unter den Trauerweiden

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    • Leider sind die meisten Kanonenöfen bereits auf dem Schrott gelandet.
      Leider auch kann man durch das abartige Gekeuche des „Sängers“ – Lautauskotzers wäre angebrachter – den Text selbst beim Mitlesen kaum verstehen.
      Klar und deutliche Ostergrüsse,
      Herr Ärmel

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  7. Ich warte schon darauf das man von Lego erholungslandschaften aufbaut.
    Da wo einst ein Garten war ist heute ein Suv Parkplatz / und die Billighausmeisterfreaks haben keine Ahnung von Baum und Strauchschnitt / alles auf 120 gerade kürzen / iiiiiihhhhhhhh

    Sehr fatal

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  8. Danke – volle Zustimmung meinerseits! Stört mich ebenso schon seit Jahrzehnten, dieses Kettensägenmassaker an Bäumen, gerade als Natur- und Holzmensch (Bildhauer). Toller Artikel, Gerdas Kommentar ergänzt prima – jaja, die deutsche Gründlichkeit schlägt alljährlich zu. Ein Muß unsererseits diesen Artikel auch über „Kulturnews“ zu verbreiten. Frohe Ostern wünsche, liebe Grüße vom Lotar

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  9. Schönen Abend, Herr Ärmel. Wie geht es Ihnen? Wäre nicht der tägliche Wahnsinn, dann eigentlich gut, oder?
    Der Naturschutz – oder das was dafür gehalten wird – treibt seltsame Blüten, manches Mal. Und so hat doch alles seinen Zusammenhang: extrem auf der einen Seite ergibt extrem auf der anderen Seite, das hat entfernt etwas mit dem Energieerhaltungssatz zu tun (Physik, Klasse 8 oder so). Und passt im Übrigen imho auch auf die sog. Flüchtlingswelle, die im Prinzip schon vor sehr vielen Jahren losgetreten wurde, aber eben erst jetzt in unserem reich scheinenden Land ankommt. Wer Globalisierung möchte, bekommt sie auch, in Regalgut und in Lebendgut, und wenn man bedenkt, dass eine Vielzahl an Menschen in wirtschaftlich zwangsgedeckelten Ländern jung und verärgert ist und auf diversen Kontinenten extreme Bevölkerungsexplosionen nicht mehr zu verhindern sind, kann man sich denken, was die Zukunft bringt. Aber darum geht es hier nicht. Ich hatte – zufälligerweise – erst neulich ein (reales) Gespräch mit einem für Begrünung zuständigen Menschen einer Stadt in meinem Umfeld. Als ich in gemütlicher Runde meine Stammtischmeinung verlautbaren ließ, wurde ich darüber aufgeklärt, dass sich das städtische Klima in den größeren Städten bereits nachhaltig verändert hat und über Neupflanzungen oder Begrünungen verändert gedacht werden muss. Was früher gut war, ist heute tot. Stichwort Klimawandel.
    Zur Autobahn, da fällt es besonders auf. U.U. sind die Bäume tatsächlich auch von einem früheren Tod bedroht, also kommen sie irgendwann mal weg. Aber irgendwann geht nicht, denn am 28.02. ist Winter und am 01.03. ziehen die brütenden Vögel ein. Also müssen die Bäume bis Ende Februar weg, sonst gibt es Probleme mit der Fällgenehmigung. D.h. wenn gerodet wird, dann richtig. Weil ab März: Pustekuchen. So ab und an geht nicht. Behördenwahnsinn eben. Zwischenzeitlich werden die Rodungsarbeiten aber nicht mehr von den unterbesetzten Straßenmeistereien ausgeführt, sondern an private Firmen beauftragt. Die Firmen füllen aber die unersättliche öffentliche Hand und nicht umgekehrt (wer am besten zahlt, erhält den Auftrag), behalten die wertvollen Stämme (wenn sie noch halbwegs gesund sind), und verkaufen diese in individuell verarbeiteter Form weiter. Wer am besten zahlt, gewinnt. So bekommen die Straßenmeistereien viel Geld und dann waren da doch beschädigte Brücken und Sie suchten nach einem Zusammenhang… Die vielen Brückenschäden hängen vielleicht auch ein wenig mit dem Klimawandel zusammen, Hitze, Trockenheit, ansteigender Verkehr, höhere Belastungen durch höhere Gewichte der großen Lastfahrzeuge. Also merke: Wetter/Klima -> Brücke kaputt + Bäume kaputt -> Bäume weg + Brücke repariert -> Holz in Verarbeitung -> kann verheizt werden oder ein Schrank daraus gebaut. So haben wir also eine win-win-Situation. Gut, es gibt eben keine Bäume mehr am Straßenrand (und dies ist auch problematisch für die Tiere), was an vielbefahrenen Straßen evtl. für den Lärm und den Feinstaub nachteilig ist, aber man kann ja nicht alles haben… Zumindest können die Brücken wieder von den schweren LKWs befahren werden und die tiefergelegten Golfs bleiben nicht mehr in den Schlaglöchern hängen.
    Schöne Grüße!
    (Fischer-Z / Red Skies over Paradise)

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    • Redutkion hin oder her – – Ihren ebenso famosen wie intelligenten Kommentar habe ich mehrfach gelesen.
      Und ich rufe Ihnen zur Bestätigung ein dreifach donnerndes Ja Ja Ja zu.
      Es ist zum Haareausraufen.

      Ich berichtete vor zwei Jahren von der alten Ulmenallee am nördlichen Mainufer. Weit über hundert Jahre alte mächtige Baumschönheiten. Dann das Gutachten. Dann die Bürgerinitiative, vorsichtshalber. Dann der Kahlschlag. Was sind Bürger gegen teuer bezahlte Gutachten?. Dann die schleimige Ausrede. Alle Bäume befallen. Jetzt neue, junge Schwarzulmen. (Schwarzulmen werden bekanntlich nur dreissig Jahre alt!!!).
      Und jetzt, zwei Jahre Später bringts die gute Sonne ans Tageslicht: Nur drei der über neunzig Ulmen hätten wirklich gefällt werden müssen.

      Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag

      (Me and that Man – Songs of Love and Death)

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      • Der Verfall der kulturellen Vielfalt setzt sich durch, weniger Baumsorten, weniger Getreidesorten, weniger Hühnerrassen, weniger von allem, alles gleicher, alles kürzer. Wie das Bloggen. Heute da, morgen vergessen.
        Was ist wenn wir wieder eine echte Krise durchleben müssen, die Felder nicht mehr gedüngt werden können, die Tiere mangels Arzneien krank werden und sterben, Seuchen kommen, die Abhängigkeiten von internationalen Konzernen sich wie auch immer niederschlagen.
        Dann hilft es auch nicht, dass die Ulmen zu Spanplatten und Hackschnitzeln verarbeitet wurden.
        Ach, ich bin so negativ heute. Aber nur ein wenig. Es klart auf, das ist gut, das gibt die Sicht frei.
        (Fleet Foxes / Selftitled)

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        • Was heisst hier negativ? Das scheint bloss so aus den Worten zu klingen.
          Am langen Ende braucht uns niemand dauerhaft. Bis dahin jedoch brauchen wir die Anderen.
          Und übrig bleiben wird die Natur. Die kann sich dank der ihr innewohnenden Kräfte, selbst regenerieren.
          Das habe ich im Kleinen selbst miterleben dürfen an der südamerikanischen Pazifikküste. Da wurde sehr viel zerstört.
          Am schlimmsten waren die Rodungen der Mangrovenwälder. Da wurden dann breite Strassen gebaut. Wenn da nicht regelmässig der Bodenbewuchs am Strassenrand zurückgeschnitten wird, sind nach einem halben Jahr lediglich nur noch zweiundeinehalbe Fahrspuren befahrbar.
          Siehe, alles wird gut werden!

          Mittagsgruss,
          Herr Ärmel

          (Neil Young – Peace Trail)

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    • Dass die vielen Alleen im Osten Deutschlands noch stehen, ist eher einem Glücksfall zu danken. Die wurden irgendwann 1990 unter Denkmalschutz gestellt, während der ADAC noch Anträge ausarbeitete, sie alle roden zu lassen für breitere Schnellstrassen.
      Auf Rügen stehen sie auch noch…

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  10. Der Wahnsinn findet eine weitere Drehung, wenn ich nämlich schon dankbar wäre, wenn die Kappungskommandos wenigstens noch Kettensägen benutzen würden. Zweimal habe ich in nächster ländlicher Nachbarschaft Baumreihen gesehen, die aufs Allergröbste abgezwackt wurden (mit einer Art Riesenzange). Das Ergebnis ist ein Bild unvorstellbarer Brutalität: derbst zersplitterte Stammenden. Man fasst es nicht.

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    • Ich habe gerade heute Morgen erst eine weitere Erklärung für diesen Wahnsinn erhalten. Es soll inzwiwschen Heizkraftwerke in unserem Land geben, die aus dem Verbrennen von Holz Ernergie gewinnen.
      Und überdies ist mittlerweile wieder schick Pallets in einem Kaminofen zu verbrennen.
      Und irgendwo muss das Rohmaterial dafür wieder herkommen….

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