Reduktionsverfahren

Er fuhr einen TR4A und ich einen +8. Wir trafen uns an einer Tankstelle und kamen gleich ins Gespräch. Über unsere Liebe zu alten Engländern. Ein Auto nur so zum Spass würde ich heute nicht mehr fahren. Ich gäbe aber was drum, könnte ich ihn nochmals auf der Bühne sehen. Vor Jahren zu früh verstorben: Volker Kriegel – Houseboat (1979)…

Im Zug meiner Reduktionsversuche ergeben sich zunehmend aufschlussreiche Gespräche. Es ist erstaunlich, wie viele Menschen sich darüber Gedanken machen, sich auf die oder andere Weise zu beschränken. Dem angeblich ewigen Wachstum zu widerstehen.
Beispielsweise auf Fernreisen zu verzichten und das eigene Land kennenlernen. Was mich dennoch überrascht, dass doch relativ wenig gebraucht gekauft wird. Dafür braucht es allerdings Geduld. Wer alles gleich und sofort haben will, der wird mit den Gebrauchtangeboten schnell enttäuscht sein. Wer hingegen mittelfristig plant und entsprechend Zeit mitbringt, der kann die schönsten Erfolge verbuchen. Und es gibt fast alles als gebrauchte Gegenstände.

Das digitale Altgeraffel findet nach und nach neue Besitzer. Dadurch werden hier die eigenen Bestände aktualisiert. Es gibt Dinge, die kauft man am besten gebraucht. Technik sowieso. Da gibt es auf beiden Seiten Gewinner.
Die Mail mit der Lieferungsankündigung enthält eine merkwürdige Frage: „Sind Sie auch Kunde bei x***x? Damit ist eines der sogenannten sozialen Netzwerke gemeint, auf die offensichtlich kein Unternehmen mehr verzichten kann. Das Wort Kunde finde ich aber beeindruckend. Sofort trabt meine Fantasie Richtung Strassburg zum Europäischen Gerichtshof. Die einzige Instanz, die uns noch einigermassen gegen die uns aussaugenden Datenvampire schützt. Gelegentlich jedenfalls.
Es wäre wünschenswert, denke ich mir, wenn man den üblichen Netzwerken ab sofort untersagen würde, ihre Registrierten als Mitglieder zu bezeichnen. Denn Mitglieder sind sie mitnichten. Stattdessen müssten alle dort Mitmachenden Kunden genannt werden. Dann würde manchen vielleicht ein Licht im Kopf aufgehen, was er oder sie für die Hergabe privater Daten eigentlich geliefert bekommt ausser Illusionen.

Nein, ich habe keine Angst vor dem, was manche Menschen weltweit anrichten. Im Prinzip sind wir doch alle Zeitbomben. Die meisten von uns entschärft der Tod. Aber eine einzige querschiessende Zuckerverbindung im Hirn und schon dreht ein Mensch durch oder ein anderer läuft Amok. Insofern bin vorsichtig und zeige nur zaghaft mit dem Finger auf andere Menschen.

Hinweisen möchte ich noch auf eine kleine, aber feine Ausstellung. Werke verschiedener Künstler in ganz unterschiedlichen Techniken. Darunter befinden sich auch einige meiner Fotografien.

 

(Was die Fotografien mit all dem zu tun haben? Eins anklicken, die Galerie betreten und für jede der Fotografien statt der statistischen vorbeihuschenden elf Sekunden ruhig zwanzig Sekunden aufwenden und genau hinschauen. Der Gewinn wird sich einstellen.)

 

28 Gedanken zu „Reduktionsverfahren

    • Sie treffen den Nagel auf den Nämlichen. Im Kopf ist das mit der Geduld recht einfach. Aber auch mit zunehmendem Alter muss ich vor mir selbst leider eingestehen, wie oft eine Rage der Ungeduld mich noch immer anfällt.
      Schöne Grüsse aus dem südlichen Bembellsonnenland,
      Herr Ärmel

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  1. So oder so…Von dem was wir anscheinend brauchen noch die Hälfte verwerfen & es ist immer noch viel. Zuweilen gar zuviel.
    Wie so gut wie immer. Ihre Gedanken teile ich.

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  2. „Im Prinzip sind wir doch alle Zeitbomben. Die meisten von uns entschärft der Tod.“

    Ohlala, was für eine kühne Aussage, mein hochlieber Herr Ärmel! Die natürlich erst mal harschen Widerspruch einfordert. So: Hey, aber ich doch nicht! Nie und nimmer…
    Erst bei nochmaligen Nachdenken und tiefen Einblick in die inneren Mariannengräben ahnt man, wie tief das Lot sinken kann. In meinem Falle entsinne ich mich der inneren Furie bei Erwecken durch privateste Übergrifflichkeit.

    So also ist die Reduktion auch immer ein Sichbesinnen und der moralsaure Zeigefinger kann durchaus auf einen selbst zeigen. Danke für Ihre immerigen Denkanstöße und einen herzlichen Gruß, pferfferminzteebeduftet und brunnenbeplätschert, Ihre Frau Knobloch.
    Selbstverständlich auch unbombig zugeneigt.

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    • Holla, meine allerhöchstwertgeschätzte Frau Knobloch, Sie wieder einmal auf meinem Blog begrüssen zu dürfen. Das ist eine helllichte Freude am frühen Morgen. – –

      Ihre Selbsterkenntnis bewundere ich und wünschte mir eine ebensolche von vielen anderen Menschen. Wenn wir nur einmal unsere Gedanken bewusst wahrnehmen würden, einen Tag – was sage – eine Stunde lang nur, was da an finsteren Gedanken durch uns hindurch saust… Manch einer würde wahrscheinlich vor sich selbst erschrecken.

      Aber heute wollen wir angesichts von Pfefferminzteeduft und Brunnenplätschern wohlgemut unser Tagwerk verrichten. Ich füge dem noch eine Ladung Rosenblätter und frische Luft hinzu. Dies wie gehabt per Eilzeppelin ins Floratelier gesendet zu Ihrem Wohlbefinden von,
      Ihrem Herrn Ärmel (unvermindert massiv zugeneigt)

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      • Zartrosenblätter im Beenebaumelwännchen, Frischlufthautküsse unter Strahleblauhimmel, Massivzuneigung ärmelwärts und nun auch noch Glucksglückgelächter als Knoblochminza, die Erste…

        Es gilt wahrhaft, das Glück der kleinen Dinge in sich zu spüren und zu mehren, dann sind die inneren Mariannengräben gar nicht mehr so unauslotbar und erschreckend tief.

        Von Herzen wohlgemuthe Grüße gen Bembellanien, immer die Ihre.

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        • Im vermeintlich grossen Glück übersieht man gemeinhin die feinen Facetten und zarten Nuancen.
          Aus diesem Grund stimme ich Ihnen nur gerne zu, liebe Frau Knobloch, die vielen kleinen Glückssterne, die uns tagtäglich widerfahren, bewusst wahrzunehmen und auszukosten. So wie beispielsweise Ihr Wiederauftauchen in dieser Kommentarabteilung. Ihre freundlichen Worte. Ihre hachhachhach…
          Ihr Herr Ärmel, das bescheidene Glück nun geniessend den feuchten Inhalt einer Waschmaschine aufzuhängen und dabei voll zugeneigt an Sie denken zu können ~~~~ ______

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          • Zugeneigte Wäscheaufhängungen? Zugeneigte Wäscheaufhängungen? Zugeneigte Wäscheaufhängungen? Da muß ich sofort an mein Glückstalerhemdchen denken und dessen so reichlichen Befüll derzeiten. Schon schürze ich mein Pannipünktchenkleid und will weitere Sterne auffangen.. oh! Schnell, senken Sie bitte den Blick, mein hochwerter Herr Ärmel, es könnte Schneewittchenhaut blitzen…

            Lindenblütenduftgrüße aus dem Tröpfelregen, Ihre blitzzugeneigte Frau Knobloch.

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  3. Meine umherflirrenden Gedanken haben sich am ersten Paar der Schützenkönigsparade festgemacht: so in etwa mag das sich hier unterhaltende Pfefferminzteepaar ausschauen! – Wird empörte Zurechtweisung erfolgen? Jedenfalls Gelächter, hoffe ich.
    Währenddessen überlege ich, auf welche Menschen man zaghaft mit dem Finger zeigen oder gar über sie in Rage geraten könnte. Erstmal mag eine Entfernung aus direktem Sichtfeld Abstand bringen, prima zu schaffen durch Medienfasten immerdar.
    Es grüßt die Flirrbilderliebhaberin

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    • Das erste Paar ist vom umherflirrend angedachten zweiten durch Abgründe getrennt. Wieso also sollte wer wen zurechtweisen?
      Natürlich kann man auch hinter vorgehaltener Hand mit dem Finger zeigen. Gedanklich jedenfalls geschiehts öfter als man denkt.
      Abermaliger Morgengruss von der Fähre

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    • Frau Wildgans! Sehen Sie den weiblichen Teil des von Ihnen hier angesprochenen Paares gänzlichst undamenhaft wiehern! Dermaßen glitzerzeugsbehängt und wehblickig möchte ich nie an irgendwessen Starkarm hängen!

      Schalllachende Grüße von Knoblochminza, der Ersten.

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  4. Ja, fast hätte ich diesen Beitrag übersehen. Was sehr schade gewesen wäre, schon wegen der mir sehr gefallenden ins Minimalistische gehenden Fotos. Nein, aber, dass die Sonjasche Wildgans Sie in diesem seltsam verzierten Gockel erkennen möchte, wundert mich schon 🙂 Auch die Käthe Knobloch stelle ich mir nicht so jägerisch-larmoyant vor ……

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    • Fein!
      Sie haben ein neues Badezimmer und die Störche auf dem zweiten Foto ein überaus wohlbelüftetes Penthouse 😉
      Und was die Schützenpeople betrifft, da ist die allseits beliebte Frau Wildgans doch in ganz anderen Revieren unterwegs 🙂

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    • Liebe Frau Myriade, „jägerisch-larmoyant“ ist schlichtweg ein Wortkracher! Danke für diese Ergötzlichkeit und natürlich herzliche Grüße aus dem lieblichen Lipperlandien, Ihre Frau Knoblochminza, die Erste.

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  5. Und ich bin über diese Anmerkung gestolpert:

    „Beispielsweise auf Fernreisen zu verzichten und das eigene Land kennenlernen.“

    Denn da schlagen bei mir zwei Seelen in der Brust.

    Einerseits:

    Zum einen das Wissen, dass ich aus unterschiedlichen Gründen noch rleativ wenig von der Welt gesehen habe (Urlaube in der Kindheith nach Italien z.B.: Totale Fehlanzeige … Ich bin glaube ich 10 Jahre in den Taunus gefahren, immer an dengleichen Ort … und dann noch ein paar Jahe nach Bad Töz (*kicher* … von München aus !)

    Von daher kenne ich schon dieses Fernweh, das ich in den letzten Jahren – auch dank meiner Frau Gemahlin – deutlichst ausleben konnte.

    Wobei z.B. meine 5 Tage in Dubai ein desaströser Griff ins Kloo war, aber solche Erfahrungen waren die absolute Ausnahme … die Dominikanische Republik gehört allerdings auch dazu)

    Will sagen: Wer die halbe Welt schon mal gesehen hat, kann sich dann schon auchein wenige leichter auf die „deutschen Landen“ konzentrieren. Andere (wie eben z.B. ich) haben da halt noch einen gewissen Nachholbedarf …

    Anderserseits:

    Unabhängig davon, liebe ich auch Reisen durch die unterschiedlichsten Regionen Deutschlands … bringen die regionalen Unterchiede doch immer wieder neue Erkenntnisse, Erfahrungen, Begegnungen …. z.B. im Spessart … oder so.

    Und von daher antworte ich auf Ihren Hinweis mit einem eindeutigem JEIN !

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    • Es ist das altbekannte Lied. Wer mehr gehabt hatte, seien es Erfahrungen oder Dinge, kann scheinbar leichter darauf verzichten. Dem ist nach meiner Erfahrung nicht so. Andererseits ist es jedoch verständlich, dass jemand, der nicht „viel von der Welt gesehen hat“ (was ist dabei viel oder gar zu viel?), Lust auf neue Eindrücke hat.
      Aber darum ging bzw. geht es mir garnicht. Mir geht es um den bewussten Umgang in meinem Leben. Um Ihr Beispiel aufzugreifen, was kann ich erkennen oder gar begreifen, wenn ich für einige wenige Tage in eine fremde Kultur reise.
      Hätte ich, um es ganz profan zu sagen, im gleichen Zeitraum in einer anderen Umgebung viel mehr Zeit zur Verfügung gehabt, viel mehr erfahren, lernen und verstehen können? Und das zu geringeren Kosten und indem ich die Welt weniger belaste…
      Das meine ich nicht als Kritik, schon garnicht mit einem erhobenen Zeigefinger. Es geht mir um die grundsätzliche Frage.

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  6. Lieber Herr Ärmel, danke für Ihre Anregungen. Ich bin da gerade Resonanzboden, gestern meine Konten auf zwei ’sozialen Netzwerken‘ gelöscht, heute ein gebrauchtes Regal abgeholt. Die Richtung stimmt halbwegs. – Ihre Begegnung klingt schön.
    Seien Sie herzlich gegrüßt,
    Ihr Zeilentiger

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  7. Ein +8, wie schön, ich hatte mal einen fotografiert…. wobei ich mich auch ein wenig in den 4/4 verguckt hatte. Den hab ich aber auch nur fotografiert…. Aber klar, so ein feiner Grauguss-V8 hat schon was…. Ach ja. Eine Ausstellung, wie fein, ich hoffe Sie berichten von der Resonanz.
    Ansonsten hab ich mal versucht Altgeraffel zu veräußern; wegwerfen wäre billiger und weniger zeitintensiv gewesen, aber das tut man nun auch nicht. Das Geheimnis liegt eben im Zeitpunkt der Anschaffung. Aber wie macht man das der jungen Generation klar, wenn man selbst lange genug nicht so gelebt hat? Wer ein Engel ist, hebe die Hand (oder so).
    (Wollny/Weltentraum – jetzt: „God is DJ“ (live))

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    • …einen rechtsgesteuerten 4/4 aus Neuseeland hatte ich vor dem +8. Motor aus dem Ford Escort.
      Ein Ausstellungsbericht wird wahrscheinlich folgen.
      Analoges Altgeraffel muss schon was sein, was sich anno dunnemals niemand leisten konnte. Das wollen heute alle, deshalb ist es auch so kostspielig. Und das masslos überbewertete Leicaprogramm. Sammlergehabe eben.

      (Hermann Hesse – Sprechplatte, Suhrkamp 1971)

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  8. Ich stand Kochbüchern in meiner Jungehe, als ich mich an die Töpfe und Pfannen wagte, sehr skeptisch gegenüber, nachdem meine ersten Schweinelendchen, die ich nach kräftigem Anbraten eifrig begießen sollte, mir die Sturzbäche an Wasser sehr übelnahmen,die Küche unter Dampf setzten und das zur Hilfe geeilte Ehegesponst mich aufklärte, dass mit dem Begießen das Bratfett gemeint war, stand aber nicht da!🤗
    Mit einem herzlichen Gruß vom Dach, Karin

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    • Ach, wenn ich, angeregt durch Ihre Früherfahrung, an meine ersten Versuche in der Küche denke…
      Aber am Ende haben wir, ob mit oder ohne Kochbücher, doch schmackhafte und köstliche Gerichte auf den Tisch gebracht.
      Herzliche Grüsse vom untersten Main,
      Herr Ärmel

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      • Kochfrüherfahrung, wenn ich mich hier einbringen darf… Küchentechnisch im falschen Körper geboren 😉 durfte ich lange nicht alleine in der Küche mein Unwesen treiben. Einer meiner ersten Versuche, als die Bahn mal frei war, war eine Pizza, der Boden von einem Rezept eines Apfelkuchens mit Streusel, der Belag nach optischen Gesichtspunkten möglichst bunt und mit zerstückelten Käsescheiben. Alle haben klaglos gegessen, aber mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

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