Massenveranstaltungen und Aufmärsche werden mir zusehends befremdlicher. Ein Fest im Kreis herzoffener Menschen liegt mir näher. Kleinststädte und Flüsse, die sinds. Da komme ich her. Carl Orff – Carmina Burana (André Previn + Wiener Philharmoniker)…
Die lichten Stunden des Tages werden kürzer. Erntezeit. Letzte wärmende Sonnenstrahlen. Fast gleichzeitig regnet es in den Sonnenschein. Verschwenderisch buntes Blattleuchten, umkränzt von Regenbögen. Windböen zausen Büsche und Bäume. Treiben das Laub stossweise vor sich her wie es ihnen gefällt.
Abschied von den Sommerwirten am Steindamm nach einem leichten Mahl. Die Sonne, mittagsüdlich überm breiten Strom wärmt noch immer ganz angenehm gegen die kalten Windstösse im Rücken. An der ungemähten Streuobstwiese die Räder an knorrigen Baumstämmen anlehnen. Am Wegrand angebissenes und sogleich weggeworfenes Obst. Dabei liegen die reifen saftigen Birnen im hohen Gras griffbereit um den Stamm herum. Man braucht sich bloss zu bücken. Einem labyrinthisch verzweigten Apfelbaum hat jemand einen armstarken Ast abgebrochen.
Kein gutes Jahr für Walnüsse, dieses Jahr. Aber immerhin. Die mitgebrachten handlichen Tüten füllen sich.
Beim Nüssesammeln fragt eine Frau nach dem Tun.
Na, Nüsse sammeln.
Und was machen Sie dann damit?
Was man damit macht? – essen natürlich.
Die kann man tatsächlich essen?
Aber sicher, die sind sehr lecker…
So weit sind wir also schon gekommen. Mögen solche Menschen lebenslang von Hunger, Kälte und Wassermangel verschont bleiben, Nicht auszudenken, was wäre wenn.
Die Herbstwinde haben den uralten Apfelbaum befreit von seiner reifen Überfülle. Es liegen mehr Äpfel am Boden als ich aufnehmen kann. Das ist auch in Ordnung so, denn Tiere sollen auch noch Futter finden.
Ein letzter Blick in die Tiefe der alten Allee. An ihrem Ende befindet sich der lange Strand. In der dunklen Jahreszeit werden wir hier nicht im Sand liegen. Allenfalls Flippflitschsteine über kabbelnde Wellen tanzen lassen. Schon jetzt liegt dieser Teil der Aue verwaist. Die Ruhe wird sich jetzt mehr und mehr ausbreiten. Zur besinnlichen Rückkehr in ein kleines Paradies. Wir werden nicht frieren im kommenden Winter. Gespräche mit Menschen. Gemeinsam essen und trinken. Musik, Bücher und Filme. Sichere Herzenswärme gegen auszehrend kalte Einsamkeit.
Spaziergänge und Radfahrten. Jakobsberger Au. Langenau. Nonnenau. Und die Rabeninsel.
Die alte Fähre wird gleich kommen und uns übersetzen. Nur ein paar Kilometer noch und die prall gefüllte Satteltasche wird ihrer fruchtigsauren saftigen Last entledigt. Kurz darauf schon breitet sich im Ärmelhaus der verführerische Duft des sanft dämpfenden Apfelkompotts aus.
Ich wünsche allen Besuchern, Lesern und Guggern goldenes Oktoberwochenende.
(Fotografien der Fülle – anklicken und die Grösse geniessen)
Es ist eine wahrhaft schöne Erntereifsensibelschilderung, so richtig mit allen Sinnen erfasst, als gäbe es die Hundekacke am Wegrand nicht, als gäbe es …ach, lassmerden Schmarrn. Meine Herbstfühldinger rasten schier aus…
Gruß aus der laufenden Ernstwerddämmerung
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Ihre Herbstfühldinger, liebe Frau Wildgans, darüber würde ich gerne mal mehr wissen wollen. Also, Beschaffenheit, Funktionsweise etc…
Und ja, erstaunlicherweise lag da wirklich keine Hundekacke am Wegesrand.
Nachmittagsgruss fährenfern aber dafür feinstherbstsonnig
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Herrn Ärmels Mono no aware, garniert mit feinen Herbstimpressionen, schön.
Liebe Abendgrüße vom Lu
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Ich liebe Ihre intelligenten Kommentare – mein Heimatland, bis ich raushatte was mono no aware bedeutet…
Spontan vermutete ich eine spanisch-englische Handlungsanweisung à la „unvorsichtiger Affe“, wo ich einen solchen doch garnicht mein eigen kann.
Aber die „feinen Herbstimpressionen“ (wofür ich schöndanke) haben mich über diesen meinen Wissenabgrund hinweggetröstet.
Herbstsonniger Nachmittagsgruss,
Herr Ärmel
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Ich hatte ebenfalls (?) keine Ahnung, was mono no aware bedeutet. Nach dem Googeln finde ich Finbars Kommentar erst recht trefflich. Liebe Grüße. https://www.google.gr/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=1&cad=rja&uact=8&ved=0ahUKEwjnv7CYm_rWAhWCAsAKHZWNDjgQFggmMAA&url=https%3A%2F%2Fen.wikipedia.org%2Fwiki%2FMono_no_aware&usg=AOvVaw3rE-XjdHXb6SRZrqUENhLE
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Genau aus diesem Grund habe ich mich herzlich bedankt…
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dacht ich es mir doch.
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Ahhhhhhsoooo Ich dachte auch, das wäre englisch. Man soll nicht immer nur in eine (Sprach)richtung fixiert sein. Und dann noch so ein tiefsinniger japanischer Ausdruck. Da bedanke ich mich auch für den Hinweis
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Und ich freu mich.:)
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*lächel* die spontane Eingebung mit dem unvorsichtigen Affen zeugt von enormer Kreativität, und die ist ja sehr oft viel wertvoller als japanisches Spezialwissen…
🍁🍂🍃🍂🍁
Herzliche Herbstgrüße vom Lu
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Wunderschön !! Ich liebe die Farben des Himmels auf Ihren Bildern. Diese überkolorierten, blitzblauen Himmel, die auf so vielen Fotos zu sehen sind, hauen einem glatt die Pupillen raus <:) Und das grün in grün Bild …. und die ungemein g´schmackigen Wannenfrüchte. Jaaa, ein echter Genuss ….. Herzliche Grüße an das Apfelkompotterzeugerteam 🙂
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Ich freue mich über Ihre Himmelswahrnehmung. Ich fotografiere in RAW und das so entstandene digitale negativ entwickle ich anschliessend. Dabei werden beispielsweise die Farben so sichtbar, wie ich sie gesehen habe.
Apfelkompottgeniessende Grüsse von viel weiter nördlich
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Die Weidenbäume sind in ihrer windigen Bewegtheit großartig – meinen Dank!
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Ich danke Ihnen herzich für Ihr Kompliment. Mit hat die Ansicht, Aufnahme und das Endergebnis ebenso erfreut.
Windstillsonniger Nachmittagsgruss,
Herr Ärmel
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Ach, wie wunderbar: mit dem Rad auf der Au, Äpfel finden (den ersten isst sie immer gleich ;-), zuhause Kompott kochen und genießen… Ja, es braucht nicht viel angesichts der Fülle, die uns im Herbst geboten wird, nur wahrnehmen müssen wir sie eben. Sehenden Auges die kleinen Paradiese mitten in der Metropolregion entdecken, die ländliche Stille genießen, den Farbenrausch der Natur vor der winterlichen Ruhe. Und überhaupt: ohne den Wechsel der Jahreszeiten wollte ich nicht sein. Jede hat ihren Reiz, ihre besondere Schönheit und Anmut, auch der bevorstehende Winter.
Schade für all jene, die die kleinen Wunder, die uns umgeben, nicht oder nicht mehr bemerken. Aber beim Dauerstarren auf das Handy und mit Stöpsel im Ohr sind ja die Wahrnehmungswege verstopft, haben die Augen keine Chance zu sehen, die Ohren keine Chance zu hören. Wie schade, man verpasst so viel …
Herzliche Grüße von der nordfriesischen Küste ins Bembelland sendet Ihnen
Frau Ribbe
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Liebe Frau Ribbe, Ihr formidabler Kommentar erreicht fern des lieblichen südlichen Bembellandes.
Sie werden meine Sehnsucht verstehen, die ich in den Jahren am Äquator erdulden musste. Fast exakt gleiches Tagesrhythmen und kaum erkennbare Jahreszeitenwechsel. Für gestandene Phlegmatiker muss das ewige Gleichmass paradiesisch sein, aber für Menschen, die gerne die Natur mit ihrer ganzen Fülle wahrnehmen, ist es schlichtweg ein Gräuel.
Ich stimme Ihnen völlig zu: die bedauernswerten Menschen, die sich suchtartig von den wunderbaren Wahrnehmungen ablenken lassen, wissen nicht was ihnen an wirklichem Reichtum entgeht.
Nicht minder herzliche Grüsse hinauf hinter die graue Stadt am Meer sendet Ihnen,
Herr Ärmel
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Wie schön dieser Text ist. Allein dafür lohnt sich der Besuch. Die Fotos schaffen die Sahnehaube aus dem überaus köstlichen warmfarbigen Textkompott. Was für ein wunderbarer Erzählstil, samtig fließend, einladend, friedlich. Schön, wieder hier zu sein. Herzliche Grüße!
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Liebe Frau Blumentorte, Ihr warmherziger Kommentar erfreut mich sehr. Verweilen Sie hier ganz nach Belieben, Sie sind alleweil willkommen.
Und ich will Ihnen an dieser Stelle auch gerne mitteilen, dass weitere stimmungsvolle Aufnahmen des Herbstes hier in diesem Blog folgen werden.
Herzliche Grüsse auch für Sie
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Schön, Ihre Worte und Bilder, die tragen eine eigene Farbe, zum ruhig lesen und anschauen lädt diese Farbe einm
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Liebe Frau Maribey, auch Ihr feiner Kommentar erfreut mich. Dieser war der Sinne dieses Beitrages und der Fotografien.
Nachmittäglichsonnige Grüsse von weiter östlich,
Herr Ärmel
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Und nun war der Sinn, dass Sie mich rätseln lassen? „inne“? Mmhh ich tipp auf Sinn. Im Westen ist es ebenfalls herrlich Sonne, das ist Oktober-Gute-Laune-Wetter, sagt Frau Maribey
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Danke für den dezenten Hinweis. Ich hoffe, dass das Rätsel nun gelöst ist. 🙂
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Du hast ihr hoffentlich keine Nuss angeboten. Bei einer Allergie ist man dann schnell arm dran *gg*
Nüsse kauf ich nur im Supermarkt, da weiß man wen man verklagen kann wenn eine im Hals hängen bleibt 😀
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Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen.
Nein, der Dame wurde keine Nuss angeboten. Hätte sie wahrscheinlich eh abgelehnt.
Und genau dein zweiter Satz war war von anderer Seite dazu zu hören. „Nüsse kauf ich immer im Supermarkt.“
😉
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