Neben einigen Boxen des legendären Bear Family Labels flatterte mir diese Scheibe ins Haus. Dirtmusic – Bu Bir Ruya (2018)…
Sein berühmtes Gedicht Herbsttag datierte Rainer Maria Rilke auf den 21.9.1902, geschrieben in Paris. Das Leben im Kreis der Künstlerkollegen in Worpswede hatte er hinter sich gelassen. Die formale Trennung von Frau und Kind war vollzogen worden. Bereits im August war er in der Hauptstadt angekommen. Im Reisegepäck trug er den Auftrag, eine Monographie über den Bildhauer Auguste Rodin zu schreiben. Seine französischen Sprachkenntnisse waren noch dürftig. Der Kontakt mit Rodin erwies sich von Anfang an als schwierig.
Mag sein, dass Rilkes Sommer gross war. Gross an Vorstellungen oder Erwartungen neuer Horizonte in Frankreich vielleicht.
Der Herbst brachte ein unangenehm feuchtes Klima vom Atlantik her in die Metropole. Bei seinen einsamen Spaziergängen auf dem Marsfeld oder der Esplanade des Invalides mögen Rilke die Bilder aufgeleuchtet haben, die ihren Ausdruck in der melancholisch klingenden letzten Strophe seines Gedichtes Herbsttag gefunden haben.
Mein diesjähriger Sommer war sehr gross. Voller Entdeckungen und schöner Erlebnisse. Neue Erkenntnisse und viele menschliche Begegnungen waren sehr beeindruckend. Monatelang schien es, wir würden einen endlosen Sommmer feiern dürfen. Das Leben war leicht. Die anstrengenderen Arbeiten waren in die Zukunft gerichtet und endeten in Freude und Erfüllung.
Als ich letzthin eher beiläufig auf Rilkes herbstliches Gedicht stiess, verspürte ich spontan Lust, meine Stimmung, die mich durch den kommenden Herbst tragen wird, in entsprechenden Versen auszudrücken.
Herbsttag
Liebste, es ist Zeit. Der Sommer war sehr gross.
Leg Deinen Schatten auf die Wege in den Fluren
und in Deinen Spuren lass die Winde los.
Wir danken den letzten Früchten für ihre Pracht;
und sammeln sie noch zwei sonnige Tage,
wir bereiten sie köstlich und verlockend; und ohne Klage
verabschieden wir den Sommer und geben Acht.
Wer jetzt unser Haus betritt, wünscht sich kein andres mehr.
Wer jetzt hier bei uns sitzt, wird gerne lange bleiben,
wird mit uns lachen, reden, lange Kladden schreiben
und wird mit uns neue Wege hin und her
ruhig wandern, wenn die Blätter treiben.
(21.9.2018, unterwegs)
Verlockend, dieses Maß an Freude und Erfüllung. Verlockend, für all das lyrische Worte zu finden.
Sie haben es wirklich vollbracht!
Gruß aus den weiteren Gefilden
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Ein solches Lob aus Ihrem Munde – ich feindanke Ihnen dafür.
Morgengruss von der nebelsonnigen Fähre
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Erfüllung wäre auch ein Titel für Ihre Nachdichtung. Möge die Zukunft immer ein Füllhorn an lebenswertem Geschehen sein . Goldene Herbsttage wünsche ich Ihnen.
Lieber Gruss vom noch dunklen , aber bald sonnigem Dach, Karin
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Ihr gewünschtes Füllhorn nehme ich gerne entgegen. Gebe auch gerne davon ab, damit auch andere Menschen lebenswerte Momente erleben.
Herbstsonnengruss von weiter westlich, Herr Ärmel
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Was bei Ihnen unterwegs und spontan entsteht, ist wunderschön! Die gefallen mir sehr, ihre Verse, sie sind zum mehrmals lesen schön!
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Lesen Sie, liebe Frau Maribey, lesen Sie. Und über allem : freuen Sie sich jeden Tag…
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Ach, wie schön ist das! Ich finde Dankbarkeit dem Leben gegenüber enorm wichtig, das Innehalten, das unaufgeregte Abstandnehmen, das kritische Betrachten und das Freuen.
Ihnen eine sonnige Straße und viel Glück!
Liebe Grüße
Christiane
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In diesem Jahr waren meine Strasse bisher bisweilen staubig. Aber immer schien die Sonne.
Ich danke Ihnen für Ihre herzlichen Worte und wünsche Ihnen eine ebenso leichte wie lichte Herbstzeit, Herr Ärmel
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Nenn ich Dich Ziel oder erst Beginn?
Erkenne ich doch nun den Sinn
in diesem Wellenspiel des Lebens.
Kein Sehnen ist so je vergebens
in Tagen, in denen ich einsam bin.
Und auch die Nächte sind uns beschieden
kein Dunkel voller Bangigkeit.
Hab ich bisher sie zag‘ gemieden,
und fürchtete des Lebens Leid,
so weiß ich nun um diese Dankbarkeit,
die uns so sanft umhüllt hinnieden.
Mein lieber Herr Ärmel, ich danke Ihnen für diese wundervolle Anregung und zeihen Sie mich bitte nicht des dreisten Ideenklaus, aber mir floß eben meine Variante eines weiteren Rilkegedichtes aus den Fingerkuppen in die Tastatur.
Hier das Original: http://www.rilke.de/gedichte/nenn_ich_dich_aufgang_oder_untergang.htm
Ich sende Ihnen herbstlich frische Grüße gen Bembelanien und freue mich ungemein über Ihre so gefühlig warmen Herbstzeilen, die man sich umlegen möchte wie eine schmeichelnde Stola, wenn die Nebel langsam steigen.
Immer die Ihre Frau Knobloch, auch in Nebeln grünaugenblickig zugeneigt.
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Meine höchstewertgeschätzte Frau Knobloch, nachdem ich zusammen mit anderen Lesern Ihres feinsinnigen Blogs nun schon solange eine neuerliche Kostprobe Ihrer Dichtkunst entbehren musste, stellen Sie sich bitte meine freudige Ergriffenheit angesichts Ihrer Strophen vor.
Wie könnte ich Sie eines Missgriffs zeihen? Das stünde mir schlecht an, wo wir doch alle nach dem greifen, was den Werken der grossen Schreibartisten entströmt. Und Ihr fein gewirktes Silbenwortsatzgewebe ist mir allemal lieber und schöner als Rilkes Scheu und dunkle Ahnung vor gereimten Morgenflöte ööhhh – ? – – Nun gut . . . ,
Meine liebe Fernfreundin, von neuerlichen Herbstgängen sende ich Ihnen via Expressluftschiff ein Schüsselchen blauer süssreifer Pflaumen verbunden mit herbstlichbunten Herzensgrüssen, Ihr Herr Ärmel (zu allen Jahreszeiten mit einem Lächeln zugeneigt)
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Gefällt mir gut ihre Nachdichtung, unter anderem auch, weil sie das Versmaß berücksichtigt. Was das Inhaltliche betrifft, so muss ich Ihnen gestehen, dass mir Ihre lebensfrohe Version besser gefällt als die düsteren Worte des Meisters. Das Schicksal romantischer Dichter in deutschen Landen ist es ja, so oft und bei den aller(un)möglichsten Gelegenheiten zitiert zu werden, dass man es nicht mehr hören kann ….. herzliche Grüße und es freut mich, dass Sie einen so angenehmen, lebendigen Sommer hatten
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Ihr Geständnis ehrt mich 😉
Schönen Dank dafür.
Und was Ihren Hinweis auf das Schicksal romantischer Dichter betrifft, den unterschreibe ich. Gerade jetzt im Herbst haben RilkeHesseetc. mit drei, vier Gedichten wieder Hochkonjunktur.
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Das Foto ist auf jeden Fall
ein wunderschöner Wasserfall
(um auch mal zu dichten)
Eigentlich ja mehr ein Wasserfällchen, aber jenseits der Berge muss man halt nehmen was man kriegt *g*
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Pücklers fantastischer Park in Bad Muskau.
PS: fein, dass ich in deinem famosen Blog wieder mal kommentieren konnte 😉
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