Alle Jahre wieder : zu guter Letzt

Horsche: Zu viele Platten, um sie hier aufzuzählen. Alle werden durchgehört, manche verlassen das Archiv.
Lesen: Aus Zeitgründen wenig.
Essen & Trinken: Nach fünf Tagen täglichem „Anfüttern“ steht die Masse im Topf und treibt kleine träge Bläschen. Der erste eigene Sauerteig. Und das Brot schmeckt fantastisch und sättigt enorm. Heute zu einer köstlichen Kartoffelsuppe. Mit leckeren Halberstädtern.
Schaffe: Die Ausgleichsmasse ist entfernt!!! Jetzt wird die Fahrradwerkstatt auf Vordermann gebracht.
Gugge: Slumdog Millionär. Ich habe während meiner Zeit in Südamerika einige Slums gesehen. Ich mag solche Filme nicht mehr. Alle Fernsehsendungen von Loriot. Manchmal brechen die spontanen Lacher aus wie vor Jahrzehnten schon.

Die letzten Tage des Jahres vergehen in einer Stille, die mich an eine lang vergangene Zeit erinnert.

Was für ein Jahr!

Für mich persönlich war es ein gutes Jahr, für das ich von Herzen dankbar bin.

In meinen letztjährigen Text verwob ich meine eigenen Worte mit Zitaten von Arthur Schopenhauer. In dem nun vergehenden Jahr habe ich den letztjährigen Text angeschaut und nach den ersten Zeilen kurz die Luft angehalten. Der alte Text passt für den diesjährigen Jahresrückblick noch besser. Und weil sein Haltbarkeitsdatum noch nicht abgelaufen ist, wiederhole ich ihn hier. Die Zitate aus dem Werk Arthur Schopenhauers habe ich mit Anführungszeichen gekennzeichnet.

Wohin man auch schaut, es scheint „die Barbarei kommt wieder, trotz Eisenbahnen, elektrischen Drähten und Luftballons.“ Viele Menschen ahnen, dass einschneidende Veränderungen in vielen Lebensbereichen unumgänglich sind und sein werden.  Aber „ein Haupthindernis der Fortschritte des Menschengeschlechts ist, daß die Leute nicht auf die hören, welche am gescheitesten, sondern auf die, welche am lautesten reden.“
Dabei gibt es kreative Ansätze zuhauf. Aber „ein neuer Gedanke wird zuerst verlacht, dann bekämpft, bis er nach längerer Zeit als selbstverständlich gilt.“

Der beste Sand im Getriebe unseres wachstumsgläubigen und lebensverachtenden Wirtschaftssystems ist die persönliche Reduktion. Da kann jeder Mensch das seine dazu beitragen. Doch „wir denken selten an das, was wir haben, aber immer an das, was uns fehlt.“

Zudem befördert unsere Gesellschaftsordnung den ständigen Wettbewerb der Menschen gegeneinander. Der Brennstoff dafür sind Missgunst und Neid. „Der Neid der Menschen zeigt an, wie unglücklich sie selbst fühlen; ihre beständige Aufmerksamkeit auf fremdes Tun und Lassen, wie sie sich langweilen.“ Gedankenlos konsumieren schafft kein Lebensglück.
„Auch wird man einsehen, daß Dummköpfen und Narren gegenüber es nur einen Weg gibt, seinen Verstand an den Tag zu legen, und der ist, daß man mit ihnen nicht redet.“ In diesem Sinne gilt auch, dass „vergeben und vergessen heißt, kostbare Erfahrungen zum Fenster hinauswerfen.“

„Die größte aller Torheiten ist, seine Gesundheit aufzuopfern, für was es auch sei.“ „Gesundheit ist gewiß nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts.“ Und lachen ist noch immer die beste Medizin. „Je mehr der Mensch des ganzen Ernstes fähig ist, desto herzlicher kann er lachen. Menschen, deren Lachen stets affektiert ist und gezwungen, sind intellektuell und moralisch von leichtem Gehalte.“
„Wenn man auch noch so alt wird, so fühlt man doch im Innern sich ganz und gar als denselben, der man war, als man jung, ja, als man ein Kind war: dieses, was unverändert, stets ganz dasselbe bleibt und nicht mitaltert, ist eben der Kern unseres Wesens, der nicht in der Zeit liegt und eben deshalb unzerstörbar ist.“

Trotz der vielen Hiobsbotschaften, die tagtäglich auf uns einprasseln, ist es ein Trost für den Geist und die Seele zu erkennen, „jeder Tag ist ein neues Leben, jedes Aufwachen und Aufstehen eine kleine Geburt, jeder frische Morgen ist eine kleine Jugend und jedes Zubettgehen und Einschlafen ein kleiner Tod.“ Man ist nicht bloss seines Glückes Schmied, sondern „jeder ist der heimliche Theaterdirektor seiner Träume.“

 

 

Ich wiederhole es gerne: für mich persönlich war dieses Jahr ein gutes Jahr. Ich bin gesund und kann arbeiten. Ich habe Menschen um mich herum und ich fühle mich Ihnen in Liebe verbunden. Ich reduziere meine Bedürfnisse, bzw. schränke mich seit einigen Jahren in vielerlei Hinsicht bewusst ein. Und gewinne mehr als je zuvor. In der freiwilligen Beschränkung liegt für mich die Wurzel für eine zuvor nicht geahnte Lebensfreude., Insofern habe ich mit den derzeit notwendigen Einschränkungen keine Schwierigkeiten.

Die viel gescholtene Maske bietet mir Vorteile. Ein menschliches Gesicht kann viele Gemütszustände ausdrücken. Sie können das Gegenüber täuschen. Allein die Augen sprechen immer die Wahrheit. Sie täuschen nicht und sie lügen nicht. Noch nie sah ich so viel Trauer, Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit in den Augen vieler Menschen. Dass ich die Gerüche von aufdringlichen Duschbädern und Parfums weniger wahrnehme ist ein guter Nebeneffekt, der meine Lebensqualität hebt.

Die Erlebnisse und Erkenntnisse in den letzten Jahren in und um meinen Blog führten mich zu dem Entschluss, diesen Blog zu beenden. Für die vielfältigen Erfahrungen beim Bloggen bin ich dankbar. Ich habe Menschen persönlich kennengelernt durch dieses Medium. Das ist viel.
Ein Neues wird entstehen. Die Zeit verlangt nach dem konkreten menschlichen Miteinander. Auch durch die Blogs. Durch sie als verbindendes Medium könn(t)en sich Menschen im wirklichen Leben zusammenfinden. Für ernsthafte Gespräche sind die Kommentarspalten der Blogs ohnehin nicht gedacht. Und für oberflächliches oder unverbindliches hin und her ist unser aller Lebenszeit zu kostbar und vor allem zu knapp bemessen.
Die Inhalte meiner kommenden Seite stehen bereits fest; die äussere Form ist im Werden. Ich werde Menschen und Begebenheiten beschreiben, die auf diese oder jene Weise meinen Lebensweg gekreuzt und mich beeindruckt und geprägt haben. Sie alle haben ihre Spuren in meiner Biographie hinterlassen. Ich bin mir sicher, dass der eine oder andere Leser für sich und sein Leben Erkenntnisse aus den Berichten ziehen kann. Dann hätte ich viel gewonnen.

Auf ein Neues also – auf ein Anderes! – Der Herr Ärmel verabschiedet sich hiermit.

 

In diesem Sinne danke ich allen Besuchern, Lesern und Guggern, die hier auf diesem Blog längere oder kürzere Zeiten verbracht haben. Ich wünsche Ihnen allen ein lichtes 2021er Jahr mit erhellenden Einsichten und erfreulichen Aussichten. Lächeln Sie so oft es Ihnen nur möglich ist. Trauen Sie Ihrer inneren Stimme und vor allem : bleiben Sie gesund.

 

 

 

 

41 Gedanken zu „Alle Jahre wieder : zu guter Letzt

  1. Lieber Herr Ärmel,
    Mit Vergnügen lauschte und verfolgte ich ihre Lauschempfehlungen, guggte Störche, Fahrräder und andere meisterlich in Szene gesetzte Fotokunst und las mich durch all Ihr Schaffen und Erinnertes, ging den Weg Ihrer Reduktion mit und weiß, es braucht im Leben nur wenig um gut über die Runden zu kommen.
    Gutes Gelingen für Ihren neuen blog!
    Auch dort werde ich, wie hier, eine treue, wenn auch meistens eher leise Leserin sein.
    Ich wünsche Ihnen frohe Weihnachten, Glück, Fülle und vor allem Gesundheit im neuen Jahr.
    Liebe Grüße
    Amélie

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    • Liebe Karfunkelfee, ich danke für Ihren freundlichen Kommentar. Und natürlich auch für den Gutwunsch hinsichtlich des entstehenden neuen Blogs.

      Für Sie soll es ein erfreuliches neues Jahr werden verbunden mit all dem, was die Seele erfüllt.

      Liebe Grüsse, Herr Ärmel

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  2. Ich bedauere, dass uns Herr Ärmel verlässt. Aber ich hoffe, dass Sie uns als Autor weiterhin erhalten bleiben. Es gibt unzählige Anfänge, die das Leben zu bieten hat. Und so bin ich gespannt, was da kommt. Beenden sie das Jahr, wie es sich gehört. Mit Austern und Champagner. Oder eben mit Dosenbier. Knack. Zisch.

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    • Lieber Hotfox, ich danke auch Ihnen für Ihren ebenso freundlichen wie originellen Kommentar. Austern werdens nicht grad werden. Aber Champagner oder/und Bier werden sicherlich angeboten werden. Begleitet von jeweils dazu passender Musik.

      Neue Anfänge, wenn wohl bedacht, fetzen ungemein!

      Lassen Sie mich weiterhin von Musiken lesen, die mir oftmals neu sind. Und bleiben Sie gesund. Wir werden uns weiterhin lesen.

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  3. Lieber Herr Ärmel, auch ich wünsche Ihnen für Ihr neues Projekt einen wunderbaren Start – Herr Ärmel wird mir fehlen, auch wenn ich mich nicht immer seiner Meinung anschließen konnte. Aber es war ein lebendiger, respektvoller Austausch.
    Die Ansprüche, einen Blog zu gestalten, sind vielfältig – Ihren Anspruch „für ernsthafte Gespräche sind die Kommentarspalten der Blogs ohnehin nicht gedacht“ hätte ich an meinen gar nicht und meiner böte auch gar kein Forum dazu. Ich verfolge Blogs, die mir jeden Tag auf die eine oder andere Art etwas geben , etwas, was nur mir allein in dem Moment gut tut – und das es so etwas gibt, dafür bin ich auch dankbar und das in der Kommentarspalte auszudrücken, ist mir Herzensanliegen.
    Ich freue mich, Sie weiter zu lesen, wünsche Ihnen friedvolle, stimmige Weihnachtstage und bleiben Sie gesund, Karin vom Dach in Hanau

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    • Gleiche Meinungen, liebe Frau Karin, werden gemeinhin überschätzt. Was zählt ist die gemeinsame Arbeit in jeder Form.

      Für Ihre guten Wünsche danke ich Ihnen und sende ebensolche von weiter flussabwärts. Halten Sie sich wohlauf, Herr Ärmel

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  4. Jahr zu Ende, Blog zu Ende, ja wat denn noch? Ach ja, geht doch weiter, sehr schön, bin schon gespannt auf dat, wat da kommt! Dann bleibt dat Leben ja doch lebenswert! Liebe Grüße aus’m Ruhrgebeat und: You Never Walk Alone!

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    • Und im Kopf wächst und gedeiht das neue Vorhaben schon mal. Noch unsichtbar derzeit. Aber was zum Licht drängt, wird ans Licht kommen.

      Herzliche Grüsse aus dem südlichen Bembelland
      Nobody really walks alone forever!!

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  5. möge das neue vorhaben so gelingen wie dieser blog- ich wünsche gesundheit und freude und spannende neue entdeckungen. wir sind unterwegs, veränderungen gehören dazu. die schopenhauer- zitate sprechen mich an. tschüss!

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    • Ich danke Ihnen für Ihre guten Wünsche. Zum neuen Vorhaben habe ich Ihnen bereits einen Hinweis geschrieben.

      Wir gut, dass wir unterwegs sein können. Und jede Veränderung ist eine neue Möglichkeit.

      Schöne Grüsse, Herr Ärmel

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  6. Reisende soll man nicht aufhalten… könnte man sagen. Oder: auf zu neuen Ufern.
    Oder: alter Schlauch in neuen Weinen, äh umgekehrt. Vielleicht auch: Schaun wir mal….
    Schön, wenn man das Positive im Alltag findet und anderes reflektieren kann. Sicher: alles gelingt nicht, deshalb ist das Leben auch Arbeit, im besten Sinne positive Arbeit.
    Denken Sie auch, das konnte ich jetzt nicht herauslesen, dass das Bloggen Sie verändert hat, vielleicht auch im Sinne von ‚bestätigt‘ oder mal ‚anders abbiegen‘?
    Slumdog Millionär, viel gelobt, oft empfohlen, ich hab ihn nicht gesehen, der Hype war mir zu groß, wenn ich auch den ein oder anderen (ok: einige) Hype-Film angesehen habe.
    Ein ’schöner‘ indischer Film ist übrigens ‚Lunchbox‘, ich fand ihn zumindest authentisch, soweit ich das beurteilen kann – ich war auf keinem anderen Kontinent, das wird voraussichtlich auch so bleiben.
    Das Foto kenne ich. Immer wieder gut. Und frei.
    Wünsche Ihnen eine gute Zeit und … klar: bSg.
    (Steve Rothery – The Ghosts of Pripyat / 2015)

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    • Lieber Autopict, klare Frage – klare Antwort. Natürlich verändert einen, was man intensiv tut. Insofern hat mich das Bloggen auch verändert. In mancherlei Hinsicht sogar. Auch in Form von Bestätigungen. Oder andere Sichtweisen einmal genauer untersuchen und hinterfragen.

      Nach ‚Lunchbox‘ werde ich Ausschau halten.

      Ich wünsche Ihnen gute Zeiten, erfreuliche Zeiten und allzeit gutes Licht.

      Und bis ich auf dem Schirm hatte, was bSg. bedeutet… Blutsenkungsgeschwindigkeit war noch die einleuchtendste Erklärung. Aber ich und ein noch niedrigeren Blutdruck… 😉

      (BKO – Dirtmusic / 2010)

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  7. Ich bin froh, Herrn Ärmel hier im Blog begegnet zu sein. Schön, dass es Sie hier gab. Leben ist Entwicklung, insofern verstehe ich Ihren Schritt. Das neue Blogprojekt klingt sehr interessant und ich freue mich darauf. Herzliche Grüße aus dem Westen, Frau Maribey (so nannten Sie mich immer, lieber Herr Ärmel, aber das wissen Sie ja)

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  8. Lieber Herr ((( Ärmel ))), ich glaube, wir beide haben die großartige Erfahrung machen dürfen, dass Verbundenheit sich nicht an der Anzahl von Begegnungen misst. Die gemeinsamen Erinnerungen sind der gut gefüllte Speicher, die uns einander nicht verloren gehen lassen. Was immer sie auch in Zukunft vorhaben, bleiben sie sich und ihrer Liebe zum schreiben und fotografieren treu. Damit werden sie viele Menschen weiterhin erfreuen und zum nachdenken anregen. In diesem Sinne wünsche ich ihnen für ihr neues Vorhaben und für das neue Jahr alles, alles Gute und viel Freud und Spaß, an jedem neuen Tag. Herzlichst aus Leipzig grüßt sie, Menachem

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    • Lieber ((( Herr ))) Menachem, Sie haben das so fein beschrieben, dass mir fast die Worte fehlen. Auch darin blüht unsere Verbundenheit auf.
      Ich wünschte mir, viele Menschen könnten solch beeindruckende Erfahrungen machen.

      Ich bedanke mich und wünsche Ihnen eine friedensreiche und glückvolle Zeit.
      Ganz herzliche Grüsse aus dem Bembelland,
      Herr Ärmel

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  9. Ja, da da gehe ich mit. Frohe Weihnacht noch nachträglich hier eingereicht und dann noch ein gutes neues gleich Jahr hinterher.

    Ich bin ja etwas selten geworden. Na Ja. Mir geht es gut und ich lebe noch!

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