Olympische Spiele hauptsächlich nebensächlich

Sing- und Mannazikaden sind heute überaus aktiv…

In Deutschland sind derzeit 56 Arten akut vom Aussterben bedroht. Die Gründe liegen auf der Hand. Intensive Land- und Forstwirtschaft und der Einsatz chemischer Kampfstoffe. Dabei haben Zikaden durch ihre Artenvielfalt und fast weltweite Verbreitung bei der Biotopbildung eminent wichtige unersetzliche Funktionen.

Früh am Morgen schon erfahre ich, dass heute die olympischen Sommerspiele in London beginnen werden. Zum dritten Mal also in London. Als Kind beeindruckten mich Fotos der Spiele von London 1948. Den Grund kann ich bis heute nicht erklären. Die deutsche Mannschaft ist von der Teilnahme ausgeschlossen. Ab Rom 1960 werden die Bilder deutlicher und die Erinnerungen konkret. Der erste Fernsehapparat. Er steht auf dem Küchenschrank. Keine Ahnung wo der Tisch ist, dafür sind Stühle wie im Kino aufgestellt. Die Nachbarschaft ist versammelt und fiebert mit Armin Hary, der die Goldmedaille im 100-Meter Lauf holt. Tokio, 1964. Da bin ich schon aktiver Zuschauer. Willi Holdorf, der König der Athleten. Torkelt beim 1500-Meter Lauf kurz vor dem Ziel, erreicht es aber dennoch mit vier Sekunden Vorsprung. Gold im Zehnkampf.
Für den Fussballverein gibts im Hause Ärmel keine Erlaubnis, aber der Verein hat eine Leichtathletikabteilung. Viermal die Woche trainiere ich nachmittags. Liesel Westermann die Diskuswurfmaschine. Münschen 1972. Heike Rosendahl, Ulrike Mayfahrt und vor allem Mark Spitz werden zu Stars. Aber auch der „Schwarze Dienstag“ und erstmals zwei getrennt antretende deutsche Mannschaften. Spektakuläre Dopingfälle bei den Radfahrern.
Bitterstoffe sind das. Die werden noch verstärkt durch Lehrer, bei denen wir nun tagesaktuell die unheilige Dreieinigkeit aus Sport, Geld und Politik diskutieren. Das hat Auswirkungen.
Die Spikesschuhe mit den drei schwarzen Streifen bleiben von da an in der Sporttasche und die erste Literatur steht im Regal neben den Kinderbüchern. Musik wird wichtig. Gitarre spielen, aquarellieren. Die Haare werden länger. Parties. Der Lebensweg nimmt eine andere Richtung. Die Grundeinstellung zu sportlichen Massenaufmärschen hat sich bis heute erhalten. Inszenierungen zur Ablenkung der Wählerherde. Das antike römische Prinzip von „panem et circenses“ (Brot und Spiele) überlebt unbeschadet seit 2000 Jahren. In den 1970er Jahren hiess das noch elegant abgewandelt Vollbeschäftigung und Spiele. Das ursprüngliche Gleichgewicht war jedoch schon damals gestört.
Mittlerweile heissen die Fussballstadien in Deutschland auch wieder Arena. Wer hat da die Uhr so auffällig zurückgedreht? Das Wort Vollbeschäftigung hat bestenfalls noch nostalgischen Wert und die „Schaffung von Arbeitsplätzen“ ist zu einer populistischen Worthülse verkommen, an die kein Politiker mehr glaubt. Jetzt gehts eigentlich als letztes politisches Mittel nur noch um „Spiele zur Ablenkung und Ruhigstellung“. Davon zeugen wochenlange Olympiaden und „sportliche“ Grossveranstaltungen ebenso wie endlos dümmliche Seifenopern und immer trivialere Labershows auf allen Kanälen.
Hauptsache die Herde trottelt belämmert von einem Sensationsereignis zum nächsten und vergisst dabei die wirklich entscheidenden Tatsachen des Lebens. Wen interessieren schon Zikaden?
Den entsprechenden ehemaligen Lehrern bin ich noch heute dankbar für ihre pädagogische Arbeit.

Ich wünsche allen Lesern ein sonniges Wochenende.

3 Gedanken zu „Olympische Spiele hauptsächlich nebensächlich

  1. Vorhin hab ich beim Abendessen tatsächlich mal eine halbe Stunde Olympia Eröffnungsfeier gesehen, das ist eigentlich immer das beste an dem ganzen Zirkus. Sonst find ich den Grundgedanken eigentlich gut, aber der ganze Kram drumherum stört mich. Die Ärzte und Wissenschaftler im Hintergrund, die Funktionäre mit den dicken Konten und am meisten (schon immer) der Medaillenspiegel. Dieses elende Gezähle, welche Nation vorne dabei ist, mit Gold, Silber und Bronze. Ich erinner mich mit Schrecken an die Zeit nach der Wiedervereinigung, als sie hier anfingen geifernd und lechzend auszurechnen was BRD und DDR wohl zusammen an Medaillen gewinnen könnten.
    Soll sie ihren Spaß haben, die Jugend der Welt, als Sportler ist das sicher ein unvergessliches Ereignis, als Zuschauer interessiert es mich nicht sonderlich. Weder 200 Meter Rückenschwimmen noch Dressurreiten.

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  2. Ach ja die olypischen Spiele haben begonnen, danke für den Hinweis wäre mir sonst fast durchgegangen und dabei freue ich mich doch schon auf das Synchronschwimmen 🙂
    Na Spass bei Seite, es gibt wahrlich wichtigeres im Leben, als diese aufgeblasene Version einer an sich guten Idee.

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  3. Die Idee „an sich“ vom Baron de Coubertin, 1896 in Athen, finde ich auch klasse, dass da keine Missverständnisse aufkommen. Aber was daraus gemacht worden ist – – aarrrggghh – –

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