Horsche: Leonard Cohen – Live at the Bowling Green, Wiesbaden, 3.9.2010 (mehr dazu im Text darunter)
Lesen: Keine Zeit und Energie.
Essen & Trinken: Prima Koteletts (unpaniert), weisses Brot, Hessenquell Landbier
Schaffe: Einen hundertvierzig Jahre alten Holzfussboden vom fürchterlichen Teppichboden befreien.
Gugge: Die Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz hat sich einen virtuellen Rundgang zum Kriegsende vor 75 Jahren in Mainz einfallen lassen. Uns hat er Spass gemacht.
Das oben angezeigte Konzert konnte ich nicht besuchen. Ich hatte nicht das nötige Geld für ein Ticket. Kenner kennen Wiesbaden. Etepete halt. Kennen die Wilhelmstrasse. Und den „Bowling Green“, das meist vertrocknete Wiesenstück vor der Spielbank. Darin hat schon Herr Dostojewski sein Geld verspielt. Gut genug für Konzerte, die hunderte von Euro für eine Eintrittskarte kosten.
Eiscafés dürfen ihre kalten Zuckerkugeln verkaufen. Gartenwirtschaften hingegen bleiben weiterhin geschlossen. Auch für diese Betriebe liessen sich eingrenzende Regelungen festlegen. Was sind die Richtlinien, nach denen solche Entscheidungen getroffen werden. Welche treibenden Interessen stehen dahinter. Beim Profifussball ist die treibende Kraft offensichtlich.
Es gibt Expertenteams, die über ein Grundeinkommen sprechen, die mögliche Finanzierung dazu erörtern und die Höchstgrenzen dafür errechnen. Wo hingegen sind die Expertenteams, die ein moralisch vertretbares Höchsteinkommen berechnen angesichts der unhaltbaren, weltweiten Verteilung von unten nach oben.
Bestimmte Aspekte meines Lebens reflektierend und erinnernd, fiel mir auf, dass mir vergleichsweise viele Menschen einer bestimmten Berufsgruppe über Jahrzehnte sehr nahe waren. Diese Menschen sind mir in den beiden letzten Jahren abhanden gekommen. Irgendwie abgetaucht und verschwunden. Manche mit einem verqueren Abschiedsgruss. Die meisten aber schweigend. Als mir das letzthin nach einem Gespräch aufgefallen ist, stellte ich fest, dass ich bisher keine dieser Zeitgenossen wirklich vermisst habe.
Das Zeitalter der Sammeltassen hinter Glas scheint ebenso vergangen wie Häkeldeckchen auf dem Fernssehapparat. Drauf wetten würde ich aber nicht.
In der DDR wurden bei der schulischen Ausbildung die Kinder von Arbeitern und Bauern bevorzugt. So hörte sich das in der BRD an. Dass im östlichen Deutschland im Lauf der Zeit auch Veränderungen stattgefunden haben ist im westlichen Landesteil hingegen nur wenigen bekannt.
In der BRD wurde zu meiner Zeit ebenfalls ausgewählt. Wir mussten als kleine Gymnasiasten zum Schuljahresbeginn den neuen Lehrern unsere Adresse nennen. Im „Zweifelsfall“ (der Lehrer konnte die Adresse nicht zuordnen) auch den Beruf des Vaters. Wenn da ein Mitschüler die „falsche“ Adresse hatte oder der Vater den „falschen“ Beruf ausübte für das Gymnasium, hiess es meist: „Du, setz´ Dich mal in die Bank da hinten links.“ Diese Schüler waren spätestens zwei Schuljahre später dort, wo sie nach Meinung der traditionsbewussten Kollegen auch hingehörten.
Wie lange es dauern kann in einem Menschenleben, bis man etwas lernt. Oder eine Meinung korrgiert wird.
Ich dachte bis vor garnicht allzu langer Zeit, dass Vögel in Nestern leben. Dabei werden die Nester lediglich zur Brutzeit gebraucht. Wenn wir alle doch liebe Zeitgenossen hätten, die uns helfen, derlei Irrtümer zu korrigieren.
Das Leben geht weiter. Die Schulen haben wir hinter uns gelassen und die Sammeltassen. Das Grundeinkommen wird um des sozialen Friedens willen kommen. Und die Apfelweinwirtschaften werden auch wieder öffnen.
Und was mag aus diesem siebenjährigen Jungen inzwischen geworden sein?
Ich wünsche allen Besuchern, Lesern, Guggern und Horschern eine feine neue Woche.
(Einen Andy Warhol an der Wand hat fast jeder…)
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